Die Wirtschaftspolitik in den USA
seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 hält Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Springtime for Bankers“) am Montag in NYTimes für einen kläglichen Misserfolg.
Es ist wahr, dass eine
vollständige Wiederholung der Great
Depression vermieden wurde. Aber die Beschäftigung beginnt sich, erst sechs Jahre danach wieder auf das Vorkrisen-Niveau hoch zu krallen,
beschreibt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises weiter.
Tim Geithner, der in den vier von
diesen sechs Jahren Finanzminister war, hat neulich ein Buch über seine
Erfahrungen veröffentlicht. Und er denkt, dass er eine verdammt gute Arbeit
geleistet hat.
Das Buch widmet sich zum grössten
Teil der Verteidigung der Rettung des US-Finanzmarktes, was Geithner als eine
grosse Erfolgsgeschichte ansieht.
Es mag sein, wenn man die
Wiederherstellung des Vertrauens im Finanzmarkt als Selbstzweck betrachtet,
fügt Krugman hinzu. Aber wo ist die Erholung der Wirtschaft geblieben? Wo sind
die Arbeitsplätze?
Ein Grund für die schleppende
Erholung der Wirtschaft ist, dass die US-Wirtschaftspolitik die Fokussierung zu
früh von Jobs auf Haushaltsdefizite geschwenkt hat.
Geithner weist zwar die
Verantwortung zurück. Seine Aussage stimmt aber mit der unabhängigen
Berichterstattung nicht überein, argumentiert Krugman: Geithner hat sich über „fiscal stimulus“ lustig gemacht. Ein Konjunkturpaket
sei ein Zucker, der keinen langfristigen Nutzen bringe.
Die Austeritätspolitik war jedoch
nicht der einzige Grund, warum die Erholung der Wirtschaft so enttäuschend
ausgefallen ist. Die Last der hohen Schulden der privaten Haushalte als ein
Vermächtnis der Housing Bubble war ein
grosser Klotz am Bein der Wirtschaft.
Die Obama Regierung hätte hierbei
viel tun können, um die Schuldenlast zu verringern, und zwar ohne Zustimmung
des Kongresses zu brauchen. Aber sie tat es nicht. Warum? Vielen Berichten
zufolge war es Geithner, der einen konsistenten Widerstand geleistet hat. Der ehemalige Finanzminister war im
Grunde genommen für die Rettung der Banken, aber nicht für die Rettung der
Familien.
In seinem Buch behauptet
Geithner, dass keine denkbare Höhe des Schuldenerlasses die Wirtschaft hätte
ankurbeln können. Doch Atif Mian und
Amir Sufi, die führenden Experten zu
diesem Thema schreiben in ihrem neuen Buch gerade das Gegenteil.
Am Ende entpuppt sich die
US-Wirtschaftspolitik seit 2008 als eine bemerkenswerte Doppelmoral, so
Krugman. Faule Kredite betreffen Fehler auf beiden Seiten: Wenn Kreditnehmer
unverantwortlich waren, so waren es auch diejenigen, die ihnen das Geld gaben.
Aber wenn es zu Krise kommt, werden Bankers Fehler als harmlos angesehen,
während die Familien den vollen Preis zahlen müssen.
Und die Weigerung, Familien mit
Schulden zu helfen, war nicht nur unfair, wie es sich herausstellt, sondern
auch schlecht für die gesamte Wirtschaft, hält Krugman als Fazit fest: Wall
Street ist wieder zurück im Spiel, Amerika aber nicht. Und der Doppelstandardl
ist der Hauptgrund.
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