Mario Draghi vertritt die Ansicht, dass es keine Japanisierung des Euro-Raums
gibt.
Heiner Flassbeck hat schon vor Jahren darauf hingedeutet, dass das, was entscheidend ist, warum Japan deflationäre Kräfte nicht los werden kann, die niedrigen Einkommen für
die Masse der Menschen sind: In Japan sind die Löhne 20 Jahre lang gesunken.
Im Euro-Raum versuchen alle
Länder ihre wirtschaftlichen Probleme seit fünf Jahren über Lohnsenkungen zu
lösen, während die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in Folge der Finanzkrise
2008 bereits besonders mangelhaft ist. Das Ergebnis kann also nichts anderes
als Deflation sein.
In einer am Freitag vorgelegten
Analyse vergleichen die Analysten von Credit Suisse anhand von zahlreichen Abbildungen
die inflationären Trends zwischen dem Euro-Raum und Japan. Es gibt verblüffende
Ähnlichkeiten.
Nur mit einem leistungsfähigen Fiscal Stimulus
(Konjunkturbelebungsmassnahmen) ist es Japan gelungen, dem Nachfrageausfall
entgegenzuwirken. Der private Verbrauch begann dann zu steigen. Und folglich
haben auch Unternehmen angefangen, zu investieren.
25% der Preise im Warenkorb in der Eurozone fallen. Und 50% der Preise im Warenkorb steigen weniger als 1% im Jahr, Graph: Credit Suisse
Im Euro-Raum ist aber eine
expansive Fiskalpolitik aus dogmatischen Gründen keine Option. Die Geldpolitik ist
andererseits längst an ihre Grenzen gestossen: Die nominalen Zinsen liegen nahe
Null (zero lower bound).
Die geldpolitische Transmission
im Euro-Raum ist seit 2008 gestört. Die
schwerwiegende Fragmentierung des Finanzmarktes innerhalb Europas ist nicht
übersehbar. Die EZB ist nicht in der Lage, das Auseinanderlaufen der
Refinanzierungskosten zu korrigieren.
Das Ergebnis der Analyse legt
nahe, dass die These von secular
stagnation (langanhaltende Stagnation) eher auf die Euro-Zone zutrifft als auf die US-Wirtschaft. Das bedeutet eine
beunruhigenden Zukunft für Europa mit viel Leid: schwache Nachfrage, ein schleppendes
Wirtschaftswachstum und hohe Arbeitslosigkeit.
Europa dürfte daher in den kommenden Jahren mit einer
grossen Wahrscheinlichkeit mit wesentlich niedrigen Realzinsen (natural real rate of interest) konfrontiert sein. Aber es muss
nicht unbedingt zu einer kompletten Deflation kommen. Dass die Inflationsrate sinkt, ist schlimm genug (debt-deflation). Das gemeinsame
Inflationsziel der EZB wird im Euro-Raum mittlerweile von allen Mitgliedsländern
unterboten.
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