Was passiert, wenn die EZB am 6.
Juni den geldpolitischen Kurs im Euro-Raum weiter lockert?
Als die „magische“ Marke von 1,40
USD pro EUR in den vergangenen Wochen näher rückte, intervenierte die EZB
verbal. Einige Mitglieder des EZB-Rates haben sogar öffentlich vor einer allzu
raschen EUR-Aufwertung gewarnt.
Mario Draghi hat dann im Anschluss der Diskussionen andeuten
lassen, dass die EZB auf der kommenden Sitzung des Zentralbankrats im Juni geldpolitische
Lockerung beschliessen könnte.
Frankreich hat bereits offiziell
eine aktive Steuerung des Wechselkurses von EUR gefordert. Die Kombination „geringe
Inflation-starke Währung“ scheint im Euro-Raum angesichts der anhaltenden trägen
Erholung der Wirtschaft Sorge zu bereiten.
Die EZB ist m.a.W. alarmiert. Draghi könnte den Satz für
Hauptrefinanzierungsgeschäfte (refi rate)
von derzeit 0,25% auf null senken.
Die Frage, die in den
Devisen-Märkten die Runde macht, ist, ob die Schweizerische Nationalbank (SNB) reagieren muss, wenn der EUR sich abschwächt? Könnte also der Mindestkurs
von 1,20 CHF per EUR, der von der SNB im September 2011 festgelegt wurde, unter
Druck geraten?
EUR CHF Wechselkurs und
EZB-Aktionen, Graph: Morgan Stanley
Welche Massnahmen könnte die SNB ergreifen, um den Mindestkurs zu verteidigen? Schliesslich hat die SNB auf
der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung vom 20. März 2014 bekräftigt, am
Mindestkurs von 1,20 CHF pro EUR festzuhalten. Der CHF ist nach wie vor hoch bewertet, unterstrich Thomas
Jordan.
Die SNB stehe bereit, den
Mindestkurs wenn nötig durch den Kauf von Devisen in unbeschränkter Höhe
durchzusetzen und bei Bedarf weitere Massnahmen zu ergreifen.
Bei Zinsen nahe null bleibe der Mindestkurs
(EUR CHF floor) das angemessene
Instrument, so die SNB, um ein unerwünschte Verschärfung der monetären Rahmenbedingungen
zu verhindern, falls der Aufwertungsdruck auf den CHF wieder zunehmen sollte.
Zunächst gilt es festzuhalten,
dass ein Tail Risk für die SNB ist,
tief in eine Deflation zu fallen, als eine geldpolitische Lockerung durch die
EZB. Die Inflationsrate im Euro-Raum ist nach wie vor zu niedrig und die
deflationären Kräfte sind unübersehbar.
Die EZB hat seit September 2011
die Geldpolitik einige Male gelockert, wie z.B. mit LTRO. Der Wechselkurs hat
auf die verschiedenen Massnahmen der EZB unterschiedlich reagiert. Es kam nicht
immer zu einem Aufwertungsdruck des CHF, wie in der obigen Abbildung zu sehen
ist.
Die SNB könnte grundsätzlich zunächst
verbal intervenieren. Aber sie verfügt darüber hinaus über Devisenanlagen, die zur Zeit rund 70% des BIP ausmachen, wobei der EUR den Löwenanteil darstellt.
SNB Devisenreserven, Graph: Morgan Stanley
Es ist also nicht zu erwarten,
dass der Mindestkurs in erster Linie unter Druck geriete, falls die EZB eine Zinssenkung
ankündigen sollte. Die SNB würde eher reagieren, wenn die Inflation in der
Schweiz weiter fiele.
Abgesehen davon hat die SNB im
Allgemeinen drei Optionen, zu reagieren:
(1) Kapitalverkehrskontrollen (capital controlls), was aber politisch unpopulär ist und auch
relativ unwirksam, wenn es um die Verteidigung eines bestimmten
Wechselkursniveaus geht.
(2) Negative
Zinsen (negative rates): Negative
Anlagezinsen hätten im aktuellen Marktumfeld wahrscheinlich wenig Auswirkungen,
da die Nachfrage nach einem sicheren Hafen inzwischen deutlich abgenommen hat.
Die SNB dürfte ferner im Angesichts der angespannten Lage im schweizerischen
Immobilienmarkt weniger geneigt sein, die Zinsen weiter nach unten zu drucken,
weil dadurch die reale Last der Schulden der privaten Haushalte steigen würde.
(3) Die SNB könnte den Mindestkurs anpassen, von 1,20 auf 1,30 CHF pro EUR, falls die Deflationsgefahr sich verstärken sollte.
Fazit: Die SNB braucht im
Grunde genommen nicht darauf zu reagieren, wenn die EZB im Juni die Geldpolitik
weiter lockern würde.
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