Wenn die hoch verschuldeten Verbraucher als Konsequenz
der geplatzten Immobilienblase ihre Ausgaben kürzen, um ihre Bilanzen wieder in
Ordnung zu bringen, nimmt die Kreditnachfrage ab. Und die Ersparnisse steigen.
Folglich fallen die Zinsen, weil niemand Kredit aufnehmen will.
Die Zentralbanken reagieren mit Zinssenkungen, um die
Sparer zu Mehrausgaben zu animieren. Das Ziel ist, die Lücke, die durch den
Rückgang der Kreditnachfrage aufgegangen ist, durch die Ausgaben der Sparer und
die Investitionen der Unternehmen wieder zu schliessen. Das heisst, dass die
Zentralbanken versuchen, durch die Senkung der kurzfristigen Zinsen,
gesamtwirtschaftliche Nachfrage wieder anzukurbeln.
Wenn die privaten Ausgaben zum Erliegen kommen,
reduzieren die Unternehmen die Preise, damit die Verbraucher wieder an den
Markt zurückkommen. In einem Land, das auf die Exporte angewiesen ist, geht der
Rückgang der Preise mit der Abwertung der Landeswährung einher, womit die
Ausfuhren sich verbilligen und die Waren dieses Landes für die Ausländer
attraktiv werden.
Die Kombination von niedrigen Zinsen, tiefen
inländischen Preisen und einer abgewerteten Währung legen nahe, wie ein
negativer Nachfrage-Schock, der durch die Zurückhaltung der hoch verschuldeten
privaten Haushalte verursacht wird, i.d.R. angegangen wird.
Die erwünschte Anpassung in der Wirtschaft findet
jedoch öfters nicht statt. Der Grund sind Friktionen, die den Rückgang der
privaten Nachfrage der hoch verschuldeten Verbraucher verstärken und zu einer schweren
Rezession mit hoher Arbeitslosigkeit führen.
Die meist bekannte Friktion ist die sog. Nullzinsgrenze,
d.h. zero lower bound (ZLB). Die ZLB
bedeutet, dass die nominalen Zinsen nicht genug tief fallen können, um die Sparer
zum Konsum zu bewegen.
Wenn die Zinsen aber nicht weiter fallen können,
bleibt die Lücke, die durch den Rückgang der Ausgaben der gebeutelten Haushalte
entstanden ist, ungefüllt. Diese Situation wird als Liquiditätsfalle (liquidity trap) bezeichnet. Weil, wenn
die Zinsen nahe null liegen, die Menschen ihr Geld in liquiden Mitteln wie z.B.
Bargeld (cash) halten, oder in
kurzfristigen US-Schatzwechseln. Anstatt Geld auszugeben, horten sie Bargeld in
risikofreien Anlagen.
Die Nullzinsgrenze existiert also, weil der Staat
Noten ausgibt (d.h. cash), was nicht
einen negativen Ertrag aufweisen kann. Normalerweise wird das Bargeld
für Transaktionszwecke verwendet, wie z.B. für den Parkplatz vor dem Restaurant
oder für das Babysitting. Aber das Bargeld ist zugleich auch eine Anlage.
Man kann seine gesamten Anlagen theoretisch auch in
Cash anlegen. Was ist der schlechteste Zinssatz, den man bekommt, wenn man
alles in Bargeld hält?
Die Antwort ist einfach: Null Prozent. In Abwesenheit
von Inflation wirft Cash für einen Investor immer einen Zins von null Prozent
ab, und zwar risikofrei. Es gibt also eine Nullzinsgrenze
(zero lower bound).
Mit anderen Worten können Nominalzinsen nicht unter
null fallen. Wenn eine Bank eine bestimmte Gebühr für die Kontoeinlage erheben
würde, würde man sein Geld nicht mehr auf der Bank halten und sofort abheben.
Stattdessen würde man das Bargeld zu Hause aufbewahren, was Null-Zins
garantiert. Das heisst, dass die Nullzinsgrenze die Zinsen davor hütet, ins Negative
zu rutschen. Folglich steckt die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle.
Die Kreditnehmer können nicht mehr ausgeben, da sie ja
bemüht sind, ihre Bilanz in Ordnung zu bringen. Die Sparer weigern sich, zu
konsumieren, weil die Zinsen nicht negativ genug sind, um sie zum Verbrauch zu
bewegen. Die wirtschaftliche Aktivität wird damit von der Nachfrage angetrieben.
Etwas, was die privaten Haushalte zum Konsum animieren
würde, würde die gesamtwirtschafliche Produktion (output) erhöhen. Es ist also
kein Wunder, dass die meisten wirtschaftlichen Kontraktionen in der Geschichte mit
sehr niedrigen Zinsen in Verbindung stehen. Die kurzfristigen US-Schatzwechsel
werfen mittlerweile seit fünf Jahren null Zinsen ab. Inflation würde allerdings
die Realzinsen zum Fallen bringen.
Wie sieht es aber aus, wenn die Konsumentenpreise zurück
fallen? Würden niedrigere Konsumentenpreise die Menschen zu Mehrausgaben
veranlassen?
Die Antwort lautet nein. Der Rückgang der
Verbraucherpreise verschlimmert die Einkommenssituation der Konsumenten.
Niedrigere Preise sind nur dann möglich, wenn die Unternehmen ihre Kosten
reduzieren, indem sie die Löhne kürzen. Lohnkürzungen belasten aber die hoch
verschuldeten Konsumenten, weil die Schulden nominal festgelegt sind.
Werden Konsumenten mit Lohnsenkungen konfrontiert,
fangen sie an, ihre Ausgaben weiter zu kürzen. Da die Unternehmen dadurch
abnehmenden Einnahmen gegenübersehen, neigen sie dazu, die Löhne weiter zu
senken. Und die Last der Schulden erhöht sich für die Verbraucher weiter. Es
entsteht ein Teufelskreis. Das ist der sog. Debt-Deflation Zyklus,
genannt von Irving Fisher im Sog der Great Depression in den 1930er Jahren.
PS: Eine ausführliche Erläuterung der Zusammenhänge
findet sich im neuen, ausgezeichneten Buch („House of Debt“) von Atif Mian und Amir Sufi. Ein unbedingt lesenswertes
Werk.
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