Paul Krugman schreibt in seiner lesenswerten Kolumne („Why Economics Failed“) am Freitag in NYTimes, dass er am Mittwoch beim Abschluss
seiner Vorlesung „The Great Recession“ die quälende Frage stellen musste, warum
die Volkswirtschaftslehre durchgefallen ist, und zwar gerade dann, wo sie am
meisten gebraucht wurde?
Der Träger des
Wirtschaftsnobelpreises will damit nicht sagen, dass die Volkswirtschaftslehre
für die Politik nutzlos war. Das Lehrbuch Makroökonomie hat sich seit dem Fall
von Lehman Brothers sehr gut geschlagen, während einige Ökonomen die Krise
kommen sahen, hält der von Princeton
nach New York (CUNY) wechselnde Ökonom fest.
In welchem Sinn hat die
Volkswirtschaftslehre aber gut funktioniert? Ökonomen, die die Lehrbücher ernst
nahmen, diagnostizierten die Art der Wirtschaftsmisere schnell: Wir erleiden
eine unzureichende Nachfrage in einer schwer angeschlagenen (depression) Wirtschaft.
Und die Diagnose hatte klare
politische Implikationen. Es war kein Zeitpunkt, um sich über Haushaltsdefizite
Sorgen zu machen und die Ausgaben der öffentlichen Hand zu kürzen: Ganz im
Gegenteil, wir brauchten mehr Staatsausgaben, nicht weniger, um die Lücke, die
wegen der Konsumflaute der privaten Haushalte entstanden ist, zu schliessen.
Aber wir sehen seit 2010 einen
starken Rückgang der diskretionären Staatsausgaben und einen beispiellosen Rückgang der Haushaltsdefizite. Und das Ergebnis ist seither ein träges Wirtschaftswachstum
und Langzeitarbeitslosigkeit auf einer Skala, die seit den 1930er Jahren nicht
mehr gesehen wurde.
US Staatsausgaben in der
Rezession von 2001 und in der Great Recession von 2008 im Vergleich, Graph: Prof. Paul Krugman in: „The New
Normal?“, April 2014
Warum haben wir aber unser
Wirtschaftswissen nicht gebraucht, fragt Krugman weiter. Eine Antwort ist, dass
die meisten Meschen die Logik der Politik in einer schwer angeschlagenen
Wirtschaft kontra-intuitiv finden.
Und sogar die angeblich gut informierten
Menschen widersetzen sich der Vorstellung, dass eine einfach schwache Nachfrage
so viel Schaden anrichten kann.
Sicherlich bestehen sie laut
Krugman nun darauf, dass wir strukturelle Probleme hätten, wie z.B.
Arbeitsnehmer, denen die richtigen Fähigkeiten (right skills) fehlen. Das hört sich ernst und intelligent an. Aber wie alle Beweise nahelegen, ist es völlig falsch.
Wo soll die Nachfrage herkommen,
wenn die privaten Haushalte und der Staat gleichzeitig die Ausgaben senken, Graph: Prof. Paul Krugman in: „The New
Normal?“, April 2014
Die Defizit-Panik wurde von
starken politischen Fraktionen, die auf die Demontage des sozialen Netzes
hinaus sind, als einen wirksam Weg gefördert, um eigene politische Tagesordnung
durchzusetzen.
Und solche Leute wurden als die „trashion des nerds“ unterstützt und
angestiftet, beschreibt Krugman weiter: Das ist die Bereitschaft von einigen
Ökonomen, die den Menschen mit Macht erzählen, was sie gern hören wollen, z.B.
dass die Kürzung der Staatsausgaben wegen der damit ermöglichten Vertrauensgewinnung
in der Tat expansiv sei oder dass die Staatsverschuldung auf das Wirtschaftswachstum irgendwie nachteilig auswirke, selbst wenn die Zinsen niedrig verlaufen.
Was auch immer die Gründe für den
Beiseite-Schub der Grundlagen der Volkswirtschaftslehre (VWL) sind, ist das
Ergebnis bislang tragisch gewesen. Wir haben das Wissen und die Instrumente, um
Vollbeschäftigung wiederherzustellen. Aber die politischen Entscheidungsträger
finden immer wieder Gründe, nicht das Richtige zu tun, fasst Krugman als Fazit
zusammen.
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