Man stelle sich vor, wir haben
eine nachfragebedingte Rezession und es gibt keine Inflationsgefahr. Seit
geraumer Zeit unterlaufen
die Zentralbanken das feste Inflationsziel auf beiden Seiten des Atlantiks. Das
heisst, dass von der Zielinflation
nach unten abgewichen
wird.
Dennoch hält die Rezession an.
Das ist eine skandalöse Verschwendung, schreibt Simon Wren-Lewis in seinem Blog. Denn das Problem kann einfach gelöst werden, und zwar mit vielen
Gewinnern und keinem Verlierer.
Der einzige Grund, warum dies für
viele Menschen nicht auf der Hand liegt, ist, dass es eine „institutionelle
Trennung zwischen der Geld- und Fiskalpolitik“ gibt, argumentiert der an der Oxford University in London lehrende
Wirtschaftsprofessor.
Dem Lehrbuch nach kann eine nachfragebedingte
Rezession nicht existieren, wenn das feste Inflationsziel der Zentralbank
unterboten wird, weil das Problem technisch einfach gelöst werden kann.
„Wenn ich ein wohlwollender
Diktator wäre, verantwortlich für die Geld- und Fiskalpolitik, gäbe es keine Stagnation
in meiner Volkswirtschaft“, schildert Wren-Lewis weiter. Die Art und Weise, wie
dies die meiste Zeit zu bewerkstelligen ist, ist die Anpassung der Zinsen via
Erhöhung oder Senkung.
Wenn die Wirtschaft aber an die Nullzins-Grenze (zero lower bound)
gerät, gibt es eine ganze Reihe von alternativen Instrumenten, von
Steuersenkungen bis zu erhöhten Transfers zugunsten von Konsumenten oder
Erhöhung der Staatsausgaben. Keine makroökonomische Theorie deutet darauf hin,
dass eines dieser Instrumente fehlschlagen würde, die Nachfrage anzukurbeln.
Zentralbanken unterlaufen die
Zielinflation in G10-Ländern (einzige Ausnahme: Kanada), Graph: Morgan Stanley
Nur, welches Instrument auch
immer eingesetzt wird, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in einer Liquiditätsfalle
anzuregen, muss es finanziert werden. Das kann geschehen, z.B. durch die
Ausgabe von Anleihen (d.h. Erhöhung der Staatsausgaben) oder die Schaffung von
Geld.
Die einzige Hinterlassenschaft dabei
ist (abgesehen von glücklichen Menschen) ein höherer öffentlicher Schuldenstand
oder Geld im Umlauf. In der Regel wird Regierungen Finanzierung via Anleiheemission
nahegelegt. Angenommen es gibt einige Einschränkungen dafür. Dann kann
Wren-Lewis in seiner Rolle als wohlwollender Diktator Geld schaffen, was in der
Literatur als money financed fiscal
stimulus genannt wird; ein durch Geldschaffung finanziertes
Konjunkturprogramm. Das ist sicherlich eine Möglichkeit, um eine nachfragebedingte
Rezession in einer Liquiditätsfalle zu beenden.
Wenn die höhere Geldmenge sich aber
später all zu hoch erweisen sollte, wenn die Wirtschaft sich also erholt, dann
kann sie mit verschiedenen Mitteln reduziert werden. Und es wird zu keiner
Inflation kommen, die über dem Zielwert der Zentralbank liegt. Technisch ist es
daher unproblematisch, da braucht sich Wren-Lewis als wohlwollender Diktator
keine Sorgen zu machen.
Ausserdem ist Geldschaffung für
einen befristeten Zeitraum genau das, was die Zentralbanken in Grossbritannien,
den USA und in Japan mit der QE-Politik
(quantitative easing) in den
vergangenen Jahren deutlich gezeigt haben.
Das Problem ist, dass die
unkonventionellen Massnahmen nicht durch ausreichende Steuersenkungen, erhöhte
Transfers oder höhere Staatsausgaben begleitet wurden. Geldschaffung, um Finanzanlagen
zu kaufen, ist im Vergleich zum money
financed fiscal stimulus deshalb ein unzuverlässiger Weg, um die Nachfrage
anzukurbeln.
Daher hat Wren-Lewis recht, die (nachfragebedingte)
anhaltende Stagnation der Wirtschaft als eine riesige Verschwendung von
Ressourcen zu bezeichnen, wie wir sie anhand einer sich besonders schwach
erholenden Wirtschaft in den USA, aber noch langsamer in Grossbritannien
beobachten. In der Eurozone gibt es nicht einmal Anzeichen einer Erholung.
Das alles geschieht in der realen
Welt, weil wir uns auf „Geld- und Fiskalpolitik als Etiketten“ festlegen. Entscheidungsträger
könnten auch innerhalb der geltenden institutionellen Rahmenbedingungen überzeugt
werden, dass die Haushaltskonsolidierung auf kurze Sicht keine Priorität
geniessen müsste, solange im Angesicht der Nullzins-Grenze keine
Inflationsgefahr existiert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen