Sonntag, 9. November 2014

Wie symmetrisch ist das Ziel der Preisstabilität der EZB?

Quantitative Easing und Forward Guidance sind die zwei auffälligsten Instrumente der unkonventionellen Geldpolitik, die die US-Notenbank im Sog des makroökonomischen Schocks von 2008 (Great Recession) eingesetzt hat.

Wenn die nominalen Zinsen nahe null liegen (zero lower bound) und die Wirtschaft unter ihrem Potenzialwachstum produziert (output gap), wird der Einsatz von unkonventionellen Massnahmen unumgänglich. Weil es an Nachfrage fehlt und die herkömmliche Geldpolitik zu kurz greift. Die richtige Antwort darauf ist im Grunde genommen eine expansive Fiskalpolitik (deficit spending). Die politischen Realitäten stehen aber im Weg.

Im Gegensatz zu der Fed tut sich die EZB auf dieser Seite des Atlantiks immer noch schwer, einen grossanlegten Kauf von langfristigen Wertpapieren in Angriff zu nehmen. Die EZB kann sich aber auch nicht mit einer Verpflichtung, kurzfristige Zinssätze über einen bestimmten Zeitraum tief zu halten, so sehr anfreunden.

Inzwischen kann das Risiko einer deflationären Entwicklung in der Eurozone nicht von der Hand gewiesen werden. Die Inflation verharrt seit geraumer Zeit unter dem Ziel der Preisstabilität der EZB. Die EZB verfehlt also das Mandat der Preisstabilität.

Obwohl die EZB die Preisstabilität als „symmetrischdefiniert, hapert es mit der Kommunikation in der Öffentlichkeit.

Die Fed hingegen hat im Januar 2012 in einem „framework statement“ in Bezug auf die Entwicklung der Kommunikation einen Meilenstein gesetzt: Das 2-Prozent-Ziel wurde als explizit erklärt. Die Übernahme des 2%-Ziels wurde im Januar 2013 und dann im Januar 2014 in weiteren „framework statements“ nochmals wiederholt.



Implizierte Wahrscheinlichkeit der Deflation in der Eurozone, Graph: Morgan Stanley


Warum ist es wichtig, die symmetrische Zielsetzung zu betonen? Wie Narayana Kocherlakota, Fed Präsident Minneapolis in einem Referat („Clarifying the Objectives of Monetary Policy“) erläutert, kann der Verlauf der Inflation über eine lange Zeit über dem oder unter dem Ziel der Zentralbank Zweifel zwischen Haushalten und Unternehmen auslösen, ob z.B. die Zentralbank tatsächlich eine Ziel-Inflationsrate von 2% verfolgt oder nicht.

Weil v.a. die Inflationserwartungen nicht mehr verankert werden können, ist das Thema von grosser Bedeutung. Die Inflationserwartungen gemessen an 5y5y Inflation Swaps liegen in der Eurozone heute deutlich unter 2 Prozent. Das ist ein sehr tiefer Wert. Die Tatsache, dass die Inflationserwartungen nicht verankert sind, kann zur Abnahme der Wirksamkeit der Geldpolitik im Kampf gegen unvorteilhafte makroökonomische Schocks führen.

Eine zusätzliche Klarstellung eines symmetrischen Inflationsziels würde helfen, die aktuelle Entwicklung der Geldpolitik zu verstehen. Denn es wäre unangemessen, wenn die Zentralbank die akkommodierende Geldpolitik in Zeiten, wo die Ziel-Inflationsrate deutlich unterlaufen wird, nicht verstärken würde. Die EZB fällt genau hierbei durch. Und das hat zu Folge, dass das Zeitfenster sich, bis die Ziel-Inflationsrate wieder auf den Zielwert von 2% zurückgebracht wird, immer weiter hinausschiebt. Es entstehen Stress und Unsicherheit. Das bedeutet wiederum eine anhaltende Stagnation der Wirtschaft.

Wie viel und welche Wertschriften die EZB im Falle einer europäischen QE-Politik kaufen würde? Oder wie lange sie an der Niedrigzinspolitik festhält, sind alles berechtigte wichtige Fragen. Aber die wichtigste Frage ist, was die EZB tut, um ihr Mandat Preisstabilität zu realisieren? 

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