Donnerstag, 6. November 2014

Sondersteuer für Deutschland wegen Unterbietung der Inflationsrate

Es ist Italien gelungen, zwischen 2007 und 2014 den um konjunkturelle Effekte bereinigte Haushaltssaldo (cyclically-adjusted balance) unter Kontrolle zu bringen. Auch in der gesamten Eurozone sieht das sog. strukturelle Defizit gar nicht schlecht aus.

Die Schuldenstandsquote (debt-to-GDP), d.h. Staatsschulden im Verhältnis zum BIP ist aber in den meisten Ländern in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Der Grund ist das schwache Wirtschaftswachstum und v.a. die enge Haushaltsdisziplin. Die restriktive Fiskalpolitik hat in Europa in der Tat viel Wachstum zerstört.

Italien braucht also Wirtschaftswachstum, um die Schuldenlast abzumildern. Und wenn Deutschland Italiens Austritt aus dem Euro nicht will, muss es helfen, schreibt Jim O’Neill in einem lesenswerten Artikel in bruegel blog. Und zwar so, dass die aktuelle Inflation wieder auf 2%, die Ziel-Inflationsrate der EZB steigt.

Wenn Deutschland es nicht will, ist es für den Rest der Eurozone unmöglich, die Inflation wieder auf den Pfad der Ziel-Inflationsrate zurückzubringen, so O’Neill. Der ehemalige Chefvolkswirt bei Goldman Sachs ist überzeugt, dass Deutschland niemals zulassen würde, dass Italien so etwas widerfährt wie Griechenland im Jahr 2010.


Der um konjunkturelle Effekte bereinigte Haushaltssaldo in der Eurozone, Graph: DG ECFIN


Was ist also zu tun? Die Idee ist verrückt, so O’Neill, aber wie wäre’s mit einem Null-Toleranz Ansatz in Sachen Inflation, falls die Inflationsrate unter den Zielwert von 2% der EZB fällt? Das heisst, wenn das Inflationsziel unterlaufen wird.

Deutschland legt auch Nulltoleranz an den Tag, was das Haushaltsdefizit und die Staatsverschuldung in den anderen Ländern der Eurozone betrifft. So müssten deutsche Bürger eine Sondersteuer zahlen, jedes Mal in einem Fiskaljahr, wenn die Ziel-Inflationsrate der EZB von Deutschland unterboten würde.

Und die Einnahmen daraus sollen an die Länder mit einem strukturellen Defizit (cyclically adjusted fiscal deficit) von weniger als 3% und mit einem unter dem Trendwachstum liegenden BIP-Wachstum zufliessen.

Die Idee mag verrückt sein, aber sie ist nicht verrückter als das neoklassische Dogma, wider besseres Wissen an der Austeritätspolitik festzuhalten, während die ganze Eurozone am Nachfrageausfall leidet und die Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau verharrt. Die Eurozone unterläuft die gemeinsam festgelegte Ziel-Inflationsrate seit langem und steuert inzwischen auf Deflation und Depression zu.


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