Dienstag, 4. November 2014

Einzelwirtschaftliches Denken versus gesamtwirtschaftliches Denken

Paul Krugman, der sich gerade in Japan befindet, analysiert in seiner lesenswerten Kolumne („Business vs. Economics“) am Montag in NYTimes die jüngsten Aktionen der japanischen Notenbank (BoJ: Bank of Japan) zur Bekämpfung der Deflation, die das Land eigentlich seit fast zwei Jahrzehnten heimsucht.

Der Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften zeigt damit im Grunde genommen den Unterschied zwischen dem einzelwirtschaftlichen und dem gesamtwirtschaftlichen Denken auf.

Zunächst schienen die Bemühungen der BoJ aufzugehen, was Gelddrucken und v.a. das Versprechen, solange Geld zu drucken, bis die Inflation auf 2% steigt. In jüngster Zeit hat die japanische Wirtschaft  jedoch an Dynamik verloren. Die BoJ hat deshalb vergangene Woche angekündigt, noch aggressivere geldpolitische Massnahmen zu treffen.

Während die Notenbank das Richtige tut, die neuen Stimulus-Massnahmen werden von nur fünf der neun Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses der BoJ unterstützt, sind die Geschäftsleute dagegen.

Worauf der am Graduierten Zentrum der City University of New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor diesmal hinauf deuten will, ist die fehlende wirtschaftliche Weisheit der Führungskräfte.

Einige der Menschen, mit denen sich Krugman in Japan unterhalten hat, argumentieren, dass die Opposition der japanischen Wirtschaftsführer gegen die Geldpolitik der BoJ zeige, dass die Notenbank des Landes auf dem falschen Weg sei. Im Grunde genommen ist das ein schlechter wirtschaftspolitischer Rat, bemerkt Krugman dazu. Warum?

Nationale Wirtschaftspolitik, auch in kleinen Ländern, muss eine Art Feedback berücksichtigen, welches nur selten für das Geschäftleben egal ist. Zum Beispiel verkaufen selbst die grössten Konzern nur einen Bruchteil dessen, was sie herstellen, an die eigenen Mitarbeiter, wohingegen auch sehr kleine Länder überwiegend Waren und Dienstleistungen bei sich selbst absetzen.

Man denke daran, was passiert, wenn ein erfolgreicher Unternehmer einer unruhigen Wirtschaft gegenübersieht und versucht, aus seiner Business-Erfahrung Ratschläge zu erteilen: Unternehmer betrachten die Wirtschaft als so etwas wie ein angeschlagenes Unternehmen, das Kosten senken muss, um wettbewerbsfähig zu werden. Um Arbeitsplätze zu schaffen, denkt der Unternehmer, dass die Löhne gesenkt und die Kosten reduziert werden müssen. Im Allgemeinen müssen also die Gürtel enger geschnallt werden. Instrumente wie deficit spending oder printing money können demnach grundlegende Probleme nicht lösen.

In Wirklichkeit verschlimmern aber Lohnsenkungen und Ausgabenkürzungen in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft (depression) das eigentliche Problem: die unzureichende Nachfrage. Ausgabe von öffentlichen Haushaltsmitteln zur Ankurbelung der Konjunktur in Zeiten wirtschaftlicher Depression und aggressives Geldrucken können dagegen Seite viel helfen, so der im Luxembourg Income Study Center forschende Star-Ökonom.

Wie kann aber diese Art von Logik, wenn sie v.a. von oberschlauen akademischen Typen kommt, Unternehmern nahegelegt werden?  Das Schicksal der Weltwirtschaft hängt von der Antwort ab, so Krugman.

In Japan dürfte der Kampf gegen die Deflation sehr wahrscheinlich scheitern, wenn herkömmliche Vorstellungen von Wirtschaft sich durchsetzen. 

Kann aber das Unkonventionelle über die Instinkte der Wirtschaftsführer triumphieren? Bleiben Sie dran!


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