Vor sechs Jahren ist die
US-Notenbank an die Nullzins-Grenze geraten, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Rock Bottom Economics“) am Montag in NYTimes.
Die Fed hat die Zinsen mehr oder
weniger verzweifelt gesenkt, in einem erfolglosen Versuch, die Rezession und
die Finanzkrise zu bekämpfen. Aber sie hat einen Punkt erreicht, wo es nicht
mehr geht, weil die Zinsen nicht unter null fallen können.
Alles ändert sich, wenn die
Wirtschaft auf dem absoluten Tiefpunkt ankommt. Aber niemand mit Autorität hätte daran denken
wollen, beschreibt der am Graduierten-Zentrum der City University New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor.
Was meint Krugman aber damit,
dass sich alles ändert?
Gemeint ist, dass die üblichen
Regeln der Wirtschaftspolitik nicht mehr gelten, wenn die Volkswirtschaft sich
nahe an der Nullgrenze (zero lower bound)
befindet. Die Ausgaben des Staates konkurrieren dann nicht mit privaten
Investitionen. Ganz im Gegenteil fördern sie die Unternehmensausgaben
tatsächlich.
Zentral-Banken, die i.d.R. ein
Bild des strengen Inflationsbekämpfers kultivieren, haben in dieser Situation genau
das Gegenteil zu tun, um die Märkte zu überzeugen. Das heisst, dass sie
Inflation höher treiben müssen. Struktur-Reformen, die im Grunde genommen dazu beitragen sollen, Löhne leichter
zu senken, zerstören Arbeitsplätze, statt welche zu schaffen.
Das mag sich vielleicht wild und
radikal anhören. Aber es ist das, was die Mainstream-Wirtschaftsanalyse uns erklärtt,
was passiert, wenn die Zinsen auf der Null-Grenze aufprallen. Und es ist auch
das, was die Geschichte uns erzählt: die US-Wirtschaft in den 1930er Jahren und
die japanische Wirtschaft in den 1990er Jahren. Aber wie gesagt, niemand hat es
glauben wollen, so Krugman weiter.
Entscheidungsträger und die Very
Serious People (VSP) lassen sich lieber vom Bauchgefühl leiten als von
umsichtiger Wirtschaftsanalyse.
Man erzählt uns, dass die
Haushaltsdefizite unser dringendstes wirtschaftliches Problem sind und dass die
Zinssätze durch die Decke schiessen würden, wenn wir nicht sofort harsche
Sparmassnahmen (Fiscal Austerity)
treffen.
Die Forderungen, dass wir die
Staatsausgaben jetzt unbedingt kürzen müssen, haben Millionen von
Arbeitsplätzen gekostet und die Infrastruktur schwer beschädigt, so Krugman.
Man hat uns immer wieder gesagt,
dass printing money zu
Währungsentwertung und zu Inflation führen würde. Die Fed hat dem politischen Druck
widerstehen können. Aber die anderen Notenbanken nicht.
Ist aber das Zeitalter von
Depressionen nicht vorbei? Zählen Sie nicht darauf, erwidert Krugman. Die nicht-gängigen
Realitäten der Wirtschaftspolitik auf der Nullzinsgrenze dürften noch eine
lange Zeit bestehen bleiben, was die Tatsache unterstreicht, damit die
Entscheidungsträger es endlich einsehen müssen. Leider ist es aber bei vielen
einflussreichen Menschen mit Entscheidungsbefugnis nicht der Fall.
Einer der bemerkswertesten
Aspekte der wirtschaftlichen Debatte in den vergangenen Jahren war, in wieweit die
Wirtschaftstheorie der einen Schule den Realitätstest nicht bestanden hat und
die Vertreter dieser Konzeption sich immer noch weigern, Fehler einzuräumen,
geschweige denn, daraus was zu lernen. Das verheisst nichts Gutes für die Zukunt,
hält Krugman als Fazit fest.
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