Die amerikanische Inflationsrate
läuft den 29. Monat in Folge unter dem Zielwert der US-Notenbank, wie das WSJ
mit der folgenden Abbildung berichtet.
Die Fed hat zwar am 29. Oktober in
ihrer Stellungnahme beteuert, dass die Inflation in
absehbarer Zeit auf den Pfad der Zielinflationsrate zurückkehren werde. Aber Narayana Kocherlakota vertritt eine andere Meinung.
Der Fed-Präsident Minneapolis
sagt, dass die Inflationsaussichten seit Dezember auf mittlere Frist auf keine
Anzeichen einer allgemeinen Verbesserung hindeuten. Wenn die Fed daran
scheitert, auf die gedämpften Inflationsaussichten zu antworten, erhöht sich das
Abwärtsrisiko für die Glaubwürdigkeit der von der Fed verfolgten Ziel-Inflationsrate
von 2 Prozent, so Kocherlakota.
Ein Schwenk auf diese Seite des
Atlantiks hilft einen Überblick über den gesamten Zusammenhang zu verschaffen.
Inflation in den USA unterbietet
die Ziel-Inflationsrate der Fed seit 29 Monaten in Folge, Graph: WSJ
Deutschland hat das gemeinsam
festgelegte Inflationsziel in der EWU stets unterboten
(durch Lohnmoderation), um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Der Rest der
Euro-Zone hat sich mit der Abwertung dagegen nicht wehren können, weil die
betreffenden Länder keine eigene Landeswährung haben.
Berlin legt ihnen nun nahe, dass
auch sie ihre Wettbewerbsfähigkeit über Lohnsenkungen (d.h. internal devaluation) wiederherstellen
sollen. In einer Wirtschaft, die bereits in einer tiefen Rezession steckt, wird
die Situation dadurch aber nur verschlimmert. Nicht nur, dass auch die anderen
Länder gegen das gemeinsam festgelegte Inflationsziel verstossen würden,
sondern dass die ganze Übung in Deflation endet. Die Preise fallen nämlich weiter.
Die EZB kann so viel Liquidität in das System pumpen, wie sie will. Es ändert
sich daran nichts.
Es muss nicht unbedingt eine vollständige
Deflation vorliegen. Eine lang anhaltende Niedriginflation richtet genug Schaden für die Wirtschaft an.
Abgesehen davon ist die Wettbewerbsfähigkeit ein relatives Konzept: Die Ausgaben des einen sind die Einnahmen des anderen. Wenn die Löhne nicht steigen, kommt der private Verbrauch zum Erliegen. Wenn die Löhne sinken, sinkt auch die Bereitschaft der Unternehmen, Investitionen zu erhöhen.
Berlin und Brüssel setzen einzig
auf die Strukturreformen, die wiederum Massnahmen auf der Angebotsseite
umfassen. Das Problem liegt aber auf der Nachfrageseite. Die
Investitionsschwäche in der Euro-Zone wird mit der von den EU-Behörden bevorzugten
Angebotspolitik dummerweise weiter gestützt.
Die EZB hat daher die Zinsen
senken müssen, nicht weil Südeuropa eine verschwenderische Haushaltspolitik
verfolgt und dadurch Inflationsgefahr hervorgerufen hat, sondern weil die
Lohnmoderation (und damit die Unterbietung der Inflation) in Deutschland mit
der Zielinflationsrate der EZB nicht im Einklang steht:
German Bund Laufzeitprämie (term premium), m.a.W.. Volatilität von Zinssätzen und Inflation auf
Allzeit-Tief, Graph: Morgan Stanley
Die Reallöhne in Deutschland sind
seit 2000 kaum gestiegen. Das Wachstum der Reallöhne blieb in den vergangenen
Jahren unter der Produktivität. Die EZB muss deswegen am lockeren Kurs der
Geldpolitik festhalten, (auch wenn Deutschland stetig dagegen protestiert), um
den unvorteilhaften Auswirkungen der Lohnzurückhaltung und das Unterlaufen der in
der EWU geltenden Ziel-Inflationsrate durch Deutschland auf die Eurozone
entgegenzuwirken.
Frühindikatoren in Deutschland
zeigten bisher auf die aktuellen Massnahmen der EZB keine Reaktion; Inflation
ist abwärtsgerichtet, Graph: Morgan
Stanley
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