Mittlerweile kann man sich des
Eindrucks nicht mehr erwehren, als ob die Strukturreform ein Universalelixier
wäre. Ununterbrochen preisen die Very Serious People (VSP) Strukturreformen an: unabhängig davon, ob damit Inflation bekämpft oder Deflation
abgewehrt werden soll.
Man könnte meinen:
Strukturreformen tun auch gegen Rückenschmerzen und Mundgeruch gut.
Quacksalberprodukt.
Paul Krugman erklärt in seinem Blog, dass die Strukturreform traditionell
als Antwort auf das Problem der Stagflation
angeboten wurde. Wenn eine Volkswirtschaft sich anschickt, zu überhitzen,
während sich die Inflation beschleunigt, wurde trotz einer recht hohen
Arbeitslosigkeit eine Strukturreform empfohlen. Die Argumentation lautete, dass
man mit Rigiditäten auf dem Arbeitsmarkt zu tun hätte.
Im Grunde genommen war es (ist es
eigenlich immer noch) ein Euphemismus für ein System, wo es einfacher ist,
Leute zu feuern und Löhne zu senken. Der Einsatz der Strukturreform wurde um
einer besseren Performance willen als gerechtfertigt verkauft, um den
Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten, sprich brutaler zu machen, weil man sonst
keine Performance erzielen könne.
Es gab immer einen Grund zu der
Annahme, dass viel „strukturelle“ Arbeitslosigkeit das Ergebnis der Hysterese war, d.h. der bleibende Schaden einer längeren Rezession. Doch es war
zumindest eine kohärente Argumentation, so Krugman weiter.
Japan leidet aber heute nicht
unter Stagflation. Auch Europa nicht. Sie erleiden stattdessen Niedriginflation (lowflation) oder Deflation und einen
anhaltenden Nachfrageausfall.
Warum genau soll die Strukturreform dazu beitragen, diese Probleme zu lösen?
In der Tat würde die Art von
Strukturreformen, worüber die Menschen seit ein paar Jahren sprechen (Arbeitsmärkte
flexibler zu gestalten, sodass die Löhne leicht gesenkt werden können), den
konjunkturellen Einbruch heute weiter vertiefen.
Warum? Die Antwort ist die Paradox of Flexibility, so Krugman. Die fallenden Löhne und Preise erhöhen die
reale Last der Schulden, womit die gesamtwirtschaftliche Nachfrage weiter
gedämpft wird.
Die pauschale Forderung nach
Strukturreform ist intellektuell gesehen faul und destruktiv, hält der am
Graduierten-Zentrum der City University
New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor fest.
Das Problem ist, dass
die politischen Entscheidungsträger, wenn die Ursache des Problems als
strukturell ausgemacht wird, sich auf die Hauptsache nicht mehr konzentrieren
können. Was z.B. Japan heute braucht, ist, der Deflation zu entkommen, irgendwie.
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