Freitag, 9. März 2012

Target 2 und Kapitalflucht

Die folgenden Abbildungen, die ich heute von Morgan Stanley bekommen habe, deuten ohne Zweifel darauf hin, dass die Kapitalflucht aus der entwicklungsfähigen Peripherie an den relativ gesunden Kern der EU für die wachsenden Target 2-Salden verantwortlich ist.

Die Ungleichgewichte im Target 2 sind eine Folge der Euro-Krise, die wiederum auf die Lücke in Wettbewerbsfähigkeit innert Euro-Zone zurückzuführen ist.

Während bisher von der Mehrzahl der Mainstream-Ökonomen weitgehend ignoriert wurde, rückt die Lücke in Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Euro-Zone nun durch die wieder aufgeflammte Target 2-Debatte in den Vordergrund der Aufmerksamkeit.

In der Tat hat die Wettbewerbsfähigkeit des Kerns die der Peripherie seit der Einführung der Gemeinschaftswährung (2000) hemmungslos abgehängt, was dazu führte, dass die Länder wie Deutschland einen massiv unterbewerteten Wechselkurs (siehe die Abbildung 3) hatten, während die GIIPS einen grob überbewerteten Wechselkurs erlitten, aufgrund der Nutzung der gemeinsamen Währung.


Target-2 Salden Entwicklung, Graph: Morgan Stanley

Die internen Ungleichgewichte spielten keine grosse Rolle, wie Morgan Stanley bemerkt, solange der private Sektor bereit war, in die (angeblich) risikolose Peripherie (wegen der gemeinsamen Währung) zu investieren.

Die Staatsanleihen aus der Peripherie wurden im Kern (durch die Banken) in Kreditprodukte eingebaut. Nachdem Ausbruch der Krise begannen die Banken (v.a. die aus dem Kern der EU), die Investitionen aus der Peripherie zurückzuziehen und die Staatsanleihen zu vermeiden. Nun ist es so, dass der öffentliche Sektor zu Hilfe kommt, um die Refinanzierungslücke in der Peripherie zu schliessen.


Einlagen-Verlagerung von der Peripherie in den Kern der EU, Graph: Morgan Stanley

Was treibt aber heute die Target-Salden an? Die Verlagerung der Einlagen aus der Peripherie in den Kern der EU. Wie geschieht das?

Wenn ein Unternehmen an der Peripherie entscheidet, seine Einlagen in den Kern zu verschieben, z.B. nach Deutschland, wird die Transferanweisung durch seine Hausbank via die nationale Zentralbank (NCB) abgewickelt.

Die NCB, die die Einlagen an eine Geschäftsbank in Deutschland schickt, zieht dann eine Verbindlichkeit auf sich, während gleichzeitig die Bundesbank, die diese Übertragung übernimmt, eine Forderung verbucht.

Die Bundesbank schreibt dann die Zahlung einer deutschen Geschäftsbank gut, wo die Einlagen verlagert werden. Wenn aber die Geschäftsbank des Schuldnerlandes nicht genug Guthaben hat, um die physische Übertragung zu verwirklichen, steht sie bei der Bundesbank in der Kreide, weshalb die Bundesbank eine Forderung gegenüber der Zentralbank an der Peripherie verbucht.


Wechselkursentwicklung (real) in der Eurozone, Graph: Morgan Stanley

Die Behauptung, dass über Target 2 die Leistungsbilanz-Ungleichgewichte finanziert werden, stimmt also nicht so. Die ganze Geschichte hat eher mit der Kapitalbilanz, als mit der Leistungsbilanz zu tun, wie Olaf Storbeck im Handelsblog hervorhebt. Lesenswert ist in diesem Zusammenhang ein aktueller Artikel („TARGET imbalances: Financing the capital-account reversal in Europe“) von Fabian Bornhorst und Ashoka Mody in voxeu.

PS:

Leistungsbilanz= Handelsbilanz + Dienstleistungsbilanz + Bilanz der Arbeits- und Kapitaleinkommen

Zahlungsbilanz= Leistungsbilanz + Kapitalbilanz (d.h. Kapitalimporte und Kapitalexporte)

Die Zahlungsbilanz ist per definitionem immer ausgeglichen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Die Target2-Debatte wird vollständig in dieser Linksammlung dokumentiert: http://www.robertmwuner.de/materialien_euro_literatur_target2.html