Freitag, 23. März 2012

JOBS Act: Deregulierung in Fortsetzung

Der US-Kongress hat von den 1970er Jahren bis vor kurzem die Deregulierung der Finanzmärkte zugelassen und ermutigt, schreibt Simon Johnson in seinem Blog. Die grossen Banken sind anschliessend grösser geworden und sie gingen mehr Risiken ein.

Die gesetzgeberische Tagesordnung war weitgehend überparteilich, bis das Glass-Steagal-Gesetz Ende der 1990er Jahre aufgehoben wurde, hebt der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Nach reiflicher Überlegung des Gesetzgebungsverfahrens wurde der Weg für Megabanken frei gemacht, um Commercial und Investment Banking in einem komplexen globalen Massstab zusammenzubringen. Damit wurden die besten Voraussetzungen für die Finanzkrise von 2008 und die schrecklichen Rezession, die sich entwickeln, geschaffen.

Nun schickt sich der US-Kongress laut Johnson wieder an, mit dem JOBS Act (H.R. 3606) dieselben Fehler zu wiederholen. Diesmal geht es darum, das Wertpapierrecht von 1930 aufzuheben, welches Investoren gut gedient und die USA zu einem der besten Orte für die Kapitalbeschaffung gemacht hat. „Wir befinden uns wieder auf einem überparteilichen Weg in die Katastrophe“, hält der ehemalige Chef-Ökonom des IWF fest.

Die Idee, die hinter dem JOBS Bill (Gesetzentwurf) steht, ist, dass die bestehende Wertpapiergesetzgebung (v.a. wegen der Disclosure-Pflicht) erheblich auf der Wirtschaft laste.


Anzahl von IPOs (in den USA) mit pre-IPO Umsatz kleiner oder grösser als 50 Mio. $, Graph: Prof. Jay R. Ritter, University of Florida, March 2012

Die Anzahl der amerikanischen Börsengänge von 1980 bis 2011, mit pre-IPO Umsätzen von weniger (kleine Unternehmen) oder mehr (grosse Unternehmen) als 50 Mio. $ in den vergangenen 12 Monaten.

Der Gesetzentwurf erhielt die Unterstützung der beiden Parteien. Nur 23 Demokraten haben dagegen abgestimmt. Die Überschrift der Gesetzesvorlage lautet: „Jump Start Our Business Startup Act“, was ebenfalls eine komplette Falschdarstellung ist.

Um welche Regulierung geht es genau?

Die Befürworter der Gesetzesvorlage weisen darauf hin, dass das IPO-Geschäft (Initial Public Offerings) ins Stocken geraten ist. Das ist wahr, aber es hat damit zu tun, dass die Wirtschaft am Rande der Depression steht und Mühe hat, sich zu erholen, weil die privaten Haushalte immer noch hochverschuldet sind. Die längerfristigen Trends in den vergangenen 10 Jahren sind globaler Natur und der Rückgang der Rentabilität der kleinen Unternehmen hat mit Besonderheiten der Regulierung in den USA nichts zu tun, unterstreicht der Autor des lesenswerten Buches 13 Bankers mit Nachdruck.

Wie Prof. Jay R. Ritter vor dem Ausschuss des Senats für „Banking, Housing and Urban Affairsam 6. März 2012 aussagte, würde der in Betracht gezogene Gesetzentwurf nicht eine Flut der Börsengänge auslösen. Und es ist auch nicht glaubwürdig, zu erwarten, dass der JOBS Act zu einem höheren Wirtschaftswachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen führen würde. In der Tat dürften die geplanten Massnahmen laut Ritter zu einer Verringerung der Kapitalbildung führen.

Auch Professor John Coates trifft den Nagel auf den Kopf: Seiner Ansicht nach würden die Vorschläge das Gleichgewicht zwischen dem einerseits bestehenden Wertpapiergesetz und der Regulierung, was die Transaktionskosten in Sachen Kapitalbeschaffung betrifft und den andererseits kombinierten Kosten von Betrug und Gefahr von asymmetrischen und nicht überprüfbaren Informationen verändern. 

Die schlimmsten Teile der Gesetzesvorlage sind vielleicht die Bestimmungen, die das crowd-financing (mehr dazu hier) von üblichen Offenlegungspflichten der US-Börsenaufsicht (SEC: Securities and Exchange Commission) befreien würde, hebt Johnson hervor. Ein neues Projekt könnte z.B. durch Internet Direktwerbung (internet solicitations) bis zu 1-2 Mio. $ Kapital beschaffen, solange kein Investor mehr als 10‘000$ investiert. Die Höhe der Offenlegung wäre minimal und es gäbe keine echten Strafen für glatte Lügen. Und es gäbe auch keine wirksame Aufsicht über eine solche Aktien-Verkaufsaktion, was eine Rückkehr in die Situation in den 1920er Jahren bedeuten würde.

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