Montag, 26. März 2012

Interessenvertreter, Waffen und Geld

Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumne am Montag in NYT („Lobbyists, Guns and Money“) mit der zunehmenden Korporatisierung des politischen Lebens und deren weitreichenden Konsequenzen.

„Floridas „Stand-your-Ground“-Gesetz, welches Ihnen erlaubt, auf jemanden zu schiessen, wenn Sie sich bedroht fühlen, klingt verrückt. Und es ist so“, bemerkt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises. Es ist verlockend, dieses Gesetz als das Werk von ungebildeten Hinterwäldlern abzuqualifizieren. Aber es gibt ähnliche Gesetze im ganzen Land, vorangetrieben nicht von ungehobelten Hinterwäldnern, sondern von grossen Konzernen.

Insbesondere ist die Wortwahl einer Vorlage, die von American Legislative Exchange Council dem Gesetzgeber vorgestellt wird, mit dem Florida-Gesetz praktisch ähnlich.

Was ist ALEC? Trotz Behauptungen, dass es überparteilich ist, ist es eine Organisation der konservativen Bewegung, finanziert von den üblichen Verdächtigen: Die Kochs, Exxon Mobil, und so weiter. Im Gegensatz zu anderen solchen Gruppen nimmt die Bewegung nicht nur Einfluss auf die Gesetze, sondern schreibt sie buchstäblich, und liefert die fertige Gesetzesvorlage an die Gesetzgebung.

Viele ALEC-Gesetzesentwürfe verfolgen konservative Ziele: Zerschlagung von Gewerkschaften, Untergrabung von Umweltschutz, Steuererleichterungen für Unternehmen und Reiche. ALEC scheint jedoch ein besonderes Interesse an der Privatisierung zu haben, an der Verwandlung von öffentlichen Dienstleistungen, von Schulen bis zu Gefägnissen, in gewinnstrebende Unternehmen. Und einige der prominentesten Nutzniesser der Privatisierung sind an der Organisation selbst mitbeteiligt, hält Krugman fest.

Was das besagt, ist, dass ALEC’s Behauptung, für begrenzte Zuständigkeit des Staates zu stehen, irreführend ist, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor. Die Organisation strebt zu einem grossen Teil nicht nach einem eingeschränkten Staat, sondern nach einem privatisierten Staat, wobei die Unternehmen, die dank freundlichen Politikern Kurs halten, ihre Gewinne von den Dollars der Steuerzahler bekommen. Kurzum: ALEC hat mit Günstlingskapitalismus (crony capitalism) zu tun.

Doch das ist nicht alles. Man müsse über die Interessen des industriellen Strafvollzugs-Komplexes nachdenken, Gefängnis-Betreiber, Kautionsunternehmen und mehr. Dieser Komplex hat an allem wirtschaftliches Interesse, was mehr Menschen in die Gerichte und in die Gefängnisse schickt, ob es übertriebene Angst vor rassischen Minderheiten oder Arizonas drakonischem Einwanderungsgesetz ist, ein Gesetz, welches übrigens einer Vorlage von ALEC folgt, schildert Krugman.

Man denke darüber nach: die USA scheinen sich in ein Land zu verwandeln, wo Crony Capitalism (kapitalistische Vetternwirtschaft) nicht nur das Geld der Steuerzahler verschwendet, sondern auch die Strafjustiz entstellt, wo die wachsende Inhaftierung nicht die Notwendigkeit reflektiert, gesetzestreue Menschen zu schützen, sondern die Gewinne der Konzerne, die aus einer grössen Anzahl von Gefängnissinsassen Profit schöpfen. 

Nun ist ALEC nicht im Alleingang für die Korporatisierung des politischen Lebens verantwortlich. Aber eine Beleuchtung von ALEC und ihren Unterstützern (eine Liste mit vielen Unternehmen von AT & T, Coca Cola bis UPS, die es bisher irgendwie schafften, mit der „hard-right Agenda“ öffentlich nicht in Verbindung gebracht zu werden) ist eine gute Möglichkeit, um zu unterstreichen, was los ist. Und diese Art von Erkenntnis ist, was wir laut Krugman brauchen, um das Land  zurückzuziehen.

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