Samstag, 17. März 2012

Können Europäer nicht bloggen?

Im neu gestarteten Blog Bruegel wird bereits in der Überschrift die Ansicht verkündet, dass Europäer nicht bloggen können.

Der Titel ist eigentlich eine Anlehnung an einen sehr schönen Film „White Men Can‘t Jump“ (1992), mit Wesley Snipes und Woody Harrelson in der Hauptrolle. Leute wie meine Wenigkeit, die gern Street Basketball spielen, sehen sich solche Filme natürlich gern an.

Jedenfalls behaupten die Autoren des neuen Blogs, dass die Online-Debatte über die europäische wirtschaftliche Fragen zumeist in den amerikanischen Blogs erfolge. Ein paar europäische Blogs tragen zwar dazu bei, aber die europäische Blogosphäre liege weit hinter der amerikanischen, was die Qualität und Dichte der Diskussionen betreffe.

Europäische Blogs sind immer noch viel „unverbunden“ (unconnected). Das heisst, dass sie weit weniger Hyperlinks verwenden als ihre amerikanischen Kollegen oder sie tun es in einer Art und Weise, dass keine Zwei-Wege-Debatte entsteht. Es mangelt m.a.W. an einem lebendigen Ökosystem in Sachen Austausch und Diskussion.

Das trifft wirklich zu, wenn ich hinzufügen darf.

Von den meisten führenden europäischen Blogs werden nur 1 von 5 an andere Online-Inhalte verknüpft. Das ist ziemlich auffällig. Aber es hat damit zu tun, wie die Europäer bloggen, d.h. nur ein anderes Medium, nicht aber ein interaktives, heisst es in Bruegel weiter.

Bruegel macht dafür zwei Gründe verantwortlich:

(1) Die wirtschaftlichen Diskussionen in Europa bleiben zum grössten Teil national und finden einfach nicht online statt, abgesehen von ein paar Ausnahmen. Europäische Ökonomen werden i.d.R. in ihren nationalen Zeitungen in der jeweiligen Landessprache veröffentlicht. 

Obwohl die Sprachbarriere leicht überwunden werden könnte, um diese Beiträge an ein breiteres Publikum zu bringen, macht die verwendete Technologie (z.B. Zeitungen) die Art der Filterung, wie Mark Thoma es in seinem Blog für US-Ökonomen tut, im europäischen Kontext härter.

(2) Es gibt wohl auch „kulturelle“ Gründe für diese Erscheinung. Europäer haben in den Schulen keine Debatte-Klassen. Und sie neigen dazu, weit weniger konfrontative akademische Diskussionen (wie z.B. Cochrane/Hubbard versus Krugman/DeLong) zu führen. 

Europäische Ökonomen scheinen Wissen verbreiten zu wollen als eine Debatte auszulösen. VoxEU, Telos, die Kolumnen in Eurointelligence und der neue Blog OFCE stellen Möglichkeiten bereit, um die Forschung zu verbreiten und die Meinungen zu veröffentlichen, aber sie bloggen nicht über Argumente und Meinungsverschiedenheiten, legen die Autoren des Bruegel weiter dar.

PS:

Bruegel ist eine europäische Think Thank, die seit der Gründung im Jahr 2005 im Bereich der internationalen Wirtschaftswissenschaften tätig ist. Die Autoren  bekunden im Start-Beitrag, dass sie hofft, ein wichtiges europäisches Forum für Diskussion über internationale Wirtschaft zu werden.

Zu den Mitgliedern zählen nach eigenen Angaben der Denkfabrik die EU-Regierungen und führende internationale Konzerne. Die Tagesarbeit werde auf Armlänge der Interessen der Mitglieder durchgeführt, was das immer bedeuten mag.

Mario Monti sei der erste Vorsitzende von Bruegel von 2005 bis 2008 gewesen.

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