Samstag, 3. März 2012

Staatsausgaben im Vergleich: Reagan vs Obama

Paul Krugman nimmt in seinem Blog Antonio Fatas‘ jüngste Analyse über die aussergewöhnliche Schwäche der Staatsausgaben in der gegenwärtigen Erholung der Wirtschaft lobend zum Anlass, um eigene Beobachtungen zum Ausdruck zu bringen.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor richtet das Augenmerk nach den realen Staatsausgaben (Konsum und Investitionen), und zwar mit Bezug auf alle Ebenen der konjunkturellen Erholungen: (1) die gegenwärtige Expansion, (2) der Bush-Boom und (3) „Morning in America“ (*).

Daraus ergibt sich die folgende bemerkenswerte Abbildung:


US-Staatsausgaben (real), Verbrauch und Investitionen, Graph: Prof. Paul Krugman

Wo ist der Unterschied?

Die Ausgaben für safety-net (soziales Sicherheitsnetz) sind hierbei nicht mitberechnet, welche in diesem Abschwung in der Tat kräftig gestiegen sind. Aber die tatsächlichen Anschaffungen der öffentlichen Hand sind eindeutig schwach gewesen, v.a. wegen der Haushalt-Notlage in den Bundesstaaten und auf lokaler Ebene, unterstreicht Krugman.

Die Konservativen vergleichen Obamas Aufschwung (Erholung aus der Rezession) gern mit dem Reagans. Aber es ist ein dummer Vergleich. Die Rezession in der Reagan-Ära rührte von sehr hohen Zinssen her und die Erholung der Wirtschaft hat nach der Lockerung der Geldpolitik durch die Fed schnell vonstatten gegangen. Der tiefe Abschwung 2007/08 wurde hingegen durch eine Finanzkrise verursacht, die trotz niedriger Zinsen geschehen ist, was der Fed kaum Spielraum überlassen hat. Aber es ist wahr, dass, wenn es um die Staatsausgaben geht, Reagan in der Tat viel mehr keynesianisch war als Obama, so Krugman.

Warum erscheint aber so ein Artikel nicht im Wall Street Journal?

In einem Nachtrag zu den Auswirkungen der Sparpolitik (fiscal austerity) auf Landes- und kommunaler Ebene, welche zu einem Rückgang der Staatsausgaben für Güter und Dienstleistungen (siehe auch hier) geführt haben, liefert Krugman eine zweite sehenswerte Abbildung. Es ist eindeutig zu sehen, wie krass der Vergleich der Staatsausgaben in der Reagan „Morning in America“ und in der gegenwärtigen Erholung der Wirtschaft ist.


US-Staatsausgaben (real), Verbrauch und Investitionen im Vergleich 1982 (IV. Quartal) und 2009 (II. Quartal), Graph: Prof. Paul Krugman

Die Staatsausgaben sind während der Erholung der Wirtschaft in der Reagan Ära um 11,6% gestiegen. Heute ist ein Rückgang um 2,6% festzustellen. Wenn wir heute der Reagan-Spur gefolgt wären, hätten wir Staatsausgaben, die um fast 15% höher lägen, gehabt, hebt Krugman hervor.

Da die Staatsausgaben für Güter und Dienstleistungen ca. 3‘000 Mrd. $ imJahr betragen, würde es bedeuten, dass wir heute auf der Spur von Reagan mehr als 340 Mrd. $ mehr direkte staatliche Nachfrage hätten (oder mehr als 2% des BIP), rechnet Krugman aus. Einschliesslich des Multiplikatoreffekts hätten wir heute ein reales BIP um den Wert von rund 3% erwarten können. Und gemäss des Okun-Gesetzes wäre die Arbeitslosigkeit heute um 1,5% tiefer, d.h. etwas rund um 7%.

(*) „Morning in America“ ist der gebräuchliche Ausdruck eines politischen TV-Spots in den USA, welcher mit dem Titel „stolzer, stärker, besser“ jeden Morgen verstrahlt wurde, und zwar als Teil des Präsidentschaftswahlkampfes der Republikanischen Partei unter dem Kanditaten Ronald Reagan im Jahr 1984.

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