Dienstag, 27. März 2012

Gibt es eine sog. „neue Normalität“?

Nach der Rezession von 2001 stand im Mittelpunkt der politischen Debatte die Frage, ob die Wirtschaft jemals wieder auf das hohe Niveau der Beschäftigung vor der Rezession zurückkommen kann.

Viele Fed-Vertreter waren besorgt, dass jeder Versch, die Arbeitslosenquote unter die „neue Normalität“ (new normal) von 6% zu drücken, mit einer sehr hohen Inflation einhergehen würde. Alan Greenspan, der damalige Fed-Präsident hat aber davon nicht viel gehalten. Am Ende ist es der Wirtschaft tatsächlich gelungen, die Arbeitslosenquote vor der Rezession wiederherzustellen, ohne inflationäre Probleme auszulösen.

Heute findet dieselbe Debatte wieder statt. Die Frage lautet, ob der Rückgang des BIP, der durch die Rezession verursacht worden war, vorwiegend dauerhaft oder vorwiegend vorübergehend ist.

Wenn es vorübergehend ist, können die Dinge wieder zusammengesetzt werden, und die Wirtschaft wäre in der Lage, auf das Niveau der Arbeitslosigkeit vor der Krise wieder zurückzukehren.

Wenn es aber dauerhaft ist, dann wäre die „neue Normalität“ für die Arbeitslosigkeit 6% bis 7%, anstatt rund 4%, wo die Arbeitslosigkeit vor dem Beginn der Krise verweilte, wie Mark Thoma in einem lesenswerten Artikel („Jobs: A New Look at the So-called New Normal”) in The Fiscal Times bemerkt.

Welche Seite hat aber Recht? Die aktuelle Sichtweise scheint zu sein, dass ein Grossteil des Rückgangs des BIP von dauerhafter Natur ist.


US-Wirtschaft Produktionslücke (output gap), Graph: Federal Reserve Bank of San Francisco, FRBSF

Thoma ist damit nicht einverstanden. Der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor deutet erstens auf Robert Lucas hin, wonach die US-Wirtschaft seit den späten 1800er Jahren zeigt, was sie sich immer wieder auf das Niveau vor der Rezession hochrappelt. Und er glaubt, dass dies auch der Fall sein wird. Zweitens vertritt Thoma die Meinung, dass es keine feste Folge nach einer Rezession gibt. In einigen Fällen erholen sich Volkswirtschaften. In einigen Fällen geschieht dies nicht. Und es ist schwer, systematische Unterschiede zwischen den Ländern auszumachen, die verwendet werden könnten, um Vorhersagen über mögliche Folgen erstellen zu können.

Wenn wir uns aber nicht sicher sind, wie viel von dem Schaden aus der Rezession von dauerhafter Natur ist, und das ist heute der Fall, wie sollte die Politik darauf reagieren? Ein Wegweiser ist laut Thoma, dass das Scheitern daran, die Wirtschaft angemessen zu unterstützen, ein teuerer Fehler wäre als die Bereitstellung von zu viel Unterstützung, die man wieder zurückziehen kann. Denn die Gefahr ist, wie Brad DeLong und Larry Summers in einem aktuellen Forschungsarbeit („Fiscal Policy in a Depressed Economy“)  nahelegen, dass die Arbeitnehmer, je länger sie untätig bleiben, desto wahrscheinlicher wird es, dass sie nie wieder angestellt werden oder Jobs bekommen, wo sie ihre Fertigkeiten nicht im vollen Umfang zur Geltung bringen können. Das heisst, dass, wenn die Politik versagt, die Wirtschaft angemessen anzukurbeln, die Kosten sehr hoch anfallen würden.

Die Fiskalpolitik könnte laut Thoma die US-Notenbank unterstützen, um die Verluste, die von der Langzeitarbeitslosigkeit herrühren, zu vermeiden. Die USA haben eine marode Infrastruktur. Wenn es der Politik nicht gelingt, diese Problematik anzugehen, würde sich das langfristige gesamtwirtschaftliche Produktionspotential der USA verringern. Würden Menschen angestellt, um im Aufbau von Infrastruktur zu arbeiten, würde es helfen, das Problem der Arbeitslosigkeit zu lösen und zugleich Infrastruktur bereitzustellen.

Als Fazit hofft Thoma, dass US-Notenbankchef Ben Bernanke Mut, Weitblick und Überzeugungskraft hat, der Kritik zu widerstehen und auf die Unterstützung der Wirtschaft nicht zu verzichten.

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