Auch wenn die US-Wirtschaft um eins oder sogar
weniger Prozent wächst, sind zuletzt im Dezember rund 300'000 neue Stellen
geschaffen. Während sich der Arbeitsmarkt signifikant erholt, kommt das
Wirtschaftswachstum kaum vom Fleck.
Wie ist die Diskrepanz zu erklären?
NYTimes berichtet in einem lesenswerten Artikel, dass die
Dissonanz zumindest teilweise daran liege, dass sich wohl die Natur der amerikanischen
Wirtschaft wandelt.
Die entscheidende Ursache der Spaltung ist
demnach, dass es heute auf die von dem Abschwung am stärksten betroffenen
Sektoren wie Herstellung und Energieerzeugung in Sachen Beschäftigung weniger
ankommt als es die Produktion betrifft.
Tatsächlich verweisen Analysten auf die Vielzahl
von Dienstleistungssektoren, die arbeitsintensiv sind und es viel besser hätten
als der Rest der Wirtschaft. Die auf die Binnenwirtschaft ausgerichtete
Branchen wie Restaurant, Gesundheitsversorgung und professionelle
Business-Services wirken sozusagen als eine Art Firewall für die US-Wirtschaft gegen die wachsenden Turbulenzen in
Übersee.
2016 dürfte in dieser Hinsicht als Test für die
oben dargestellte Hypothese gelten, wie es Dienstleistungsunternehmen geht und ob
die Mitarbeiter-Einstellungen anhalten.
Schwaches Wirtschaftswachstum vs. Beschäftigung, Graph: NYTimes
Im letzten Jahr ist die Beschäftigung im
Dienstleistungssektor, der 86% der amerikanischen Arbeitskräfte ausmacht, um
mehr als 2,3 Millionen gestiegen.
Es sieht so aus, wie wenn v.a. kleine bis
mittlere Unternehmen zum Wachstum auf dem Arbeitsmarkt beitragen würden,
während grosse Unternehmen sich mit Investitionen aus „Vorsichtsgründen“ zurückhalten.
US-Wirtschaftswachstum (gemessen am BIP), Graph: NYTimes
In Davos muss unbedingt über das Thema „träges Wirtschaftswachstum“
diskutiert werden, bemerkt Mark Thoma
in einem lesenswerten Artikel in CBS Market Watch.
Zum Teil ist das schwache Wachstumstempo
demographisch begründet: Verlangsamt sich das Bevölkerungswachstum, geht auch
das Wirtschaftswachstum zurück. Das ist aber nicht die ganze Geschichte. Das zugrundeliegende
Problem ist, dass die Produktivität (als Quelle des Wirtschaftswachstums) gesunken
ist. Ökonomen sind sich aber nicht sicher, warum, wie Thoma unterstreicht.
Eine Hypothese ist, dass alle guten Ideen, die in
Bezug auf unseren Lebensstandard einen Unterschied ausmachen, ausgegangen sind.
Vieles sei bereits erfunden worden, was unser Wohlbefinden erheblich steigern
kann: Wasserversorgung, Strassen, Rohrleitungen, Öfen, Autos usw.
Das ist aber laut Thoma angesichts des Zeitalters
der Digital-Technologie und Roboten nicht glaubwürdig.
Ein weiterer Ansatz ist, dass wir uns in einer
secular stagnation befinden, d.h. einer verlängerten Zeitperiode des Wachstums
mit niedrigen Raten. Larry Summers
liefert dazu einleuchtende Argumente, dass es sich dabei um eine reale
Möglichkeit handelt.
Was auch immer die Ursache des Problems ist, ist
die Lösung produktivere Investitionen und mehr technologische Innovation; beide
sind nämlich die Schlüsselkomponenten des BIP-Wachstums.
Fazit: Ökonomen sind nicht sicher
darüber, ob wir in einem Niedrig-Wachstum-Gleichgewicht stecken. Wer weiss, vielleicht
ändert sich das Bild im nächsten Jahr. Aber falls es stimmt, ist es Zeit, jetzt
zu handeln, hält der an der Oregon
University lehrende Wirtschaftsprofessor fest.
Investitionen in Infrastruktur sprechen auf der
anderen Seite zum Glück für sich selbst, die auf alle Fälle notwendig sind, wie
Paul De Grauwe in einer vergangene Woche präsentierten Studie hervorhebt. Oder, nicht?
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