Das statistische Bundesamt in Deutschland hat gestern
mitgeteilt, dass die Inflationsrate im Jahr 2015 gegenüber 2014 im
Jahresdurchschnitt voraussichtlich 0.3% beträgt. Im Dezember 2015 wird die
Inflationsrate voraussichtlich 0,3% betragen. Gegenüber November 2015 sinken
die Verbraucherpreise (CPI) um 0,1%.
Das Tieftauchen der Inflation in der grössten
Volkswirtschaft Europas deutet ohne Zweifel auf die Allgegenwart des schwachen Preisdrucks im
Euro-Raum hin.
Die EZB hat allem Anschein nach auch 2016 Mühe,
das eigene Inflationsziel (von ca. 2%) zu erreichen und damit Preisstabilität zu
gewährleisten. Die Inflation verläuft im Euro-Raum seit mehr als zwei Jahren
unter 1 Prozent. Zuletzt stand sie per November bei 0,2 Prozent.
Vor diesem Hintergrund hat die EZB im Dezember
2015 ihr Anleihekaufprogramm (genannt PSPP) um ein halbes Jahr verlängert und
den Einlagezinssatz auf minus 0,30% gesenkt.
Das eigentliche Problem bleibt aber die
restriktive Fiskalpolitik, d.h. die unnötige Haushaltskonsolidierung in einer
schwer angeschlagenen Wirtschaft.
Inflation in Deutschland 2015, Graph: Das statistische Bundesamt
(destatis)
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die
folgende fesselnde Abbildung, die zeigt, wie die „Vorsorgebestände“ der
Überschussliquidität der europäischen Banken bei der EZB zunehmen.
Einlagefazilität (deposit facility) und Giroguthaben (current account) der europäischen Banken bei der EZB, Graph: Morgan Stanley
Die Sichtguthaben werden zum festen Refi-Satz (derzeit
0,05%) verzinst, bis zu der Summe, die die Banken als Mindestreserve hinterlegen
müssen.
Der Zinssatz für die Einlagefazilität beträgt
minus 0,30%.
Eine weitere bemerkenswerte Abbildung zeigt, wie
die Realzinsen in den USA in den letzten 15 Jahren gesunken sind: von 4% auf
1%.
Entwicklung der Real-Zinsen in den USA im Lichte
der Inflationserwartungen (gemessen an 5y5y forward break-even), Graph: Cecchetti und Schoenholtz
Und in Europa hat die schwedische Zentralbank (Riksbank) inzwischen ihren Gouverneur bemächtigt, jederzeit auf dem Devisenmarkt zu
intervenieren, um einen Anstieg der Inflation zu ermöglichen.
Die ausserordentliche Massnahme wurde in Schweden
gestern getroffen, um einem weiteren Anstieg des Wechselkurses von Krona entgegen
zu wirken. Davor galt die Regel, dass eine Sitzung des geldpolitischen
Ausschusses der schwedischen Zentralbank einberufen werden musste, um eine
Intervention am Devisenmarkt durch die Riksbank zu erlauben.
Schwedische Krona, Graph: FT
Die Riksbank unterbietet das eigene Inflationsziel (von ca. 2%) seit 2011 und fürchtet sich inzwischen immer deutlicher vor einem Verfall in Deflation. Schweden ist das erste Land, das den Repo-Satz (gemeint ist nicht der Einlagensatz) im vergangenen Jahr unter null gesenkt hat. Und die Riksbank hat indes, so wie die EZB, das Anleihekaufprogramm aufgestockt.
Inflationsziel der EZB und Inflationserwartungen im Markt, Graph: Morgan Stanley
Fazit: Es lohnt sich vor diesem
Hintergrund, in Erinnerung zu rufen, wie die Anhänger der hard-money Politik (Falken) seit langer Zeit vor dem Ankauf von
Staatsanleihen durch die Zentralbanken (auf beiden Seiten des Atlantiks) warnen, weil sonst angeblich die
Inflation durch die Decke schiessen würde. Die Marktfundamentalisten liegen damit falsch,
falsch und falsch.
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