Ein Jahrzehnt mit solch schwachem Wirtschaftswachstum hat es in Europa seit den Verheerungen des zweiten Weltkriegs nicht gegeben, schreibt Sebastian Dullien in einem lesenswerten Artikel („Verlorene Jahrzehnte“) in Zeit Online.
Unter der Annahme, dass keine neue Wachstumsabschwächung oder gar Rezession dazwischenkommt, dürfe Italien das Vorkrisenniveau beim BIP erst 2021 erreichen. Für Griechenland wird es noch bis 2030 dauern, bemerkt der Professor für Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.
Arbeitslosigkeit in Griechenland und Italien, Graph: Sebastian Dullien in: Zeit Online
Während für Italien
das Vorkrisenniveau bei der Arbeitslosigkeit erst Ende 2019 erreichbar wäre,
müsste Spanien sich noch bis 2021 gedulden.
Das heisst im Grunde genommen, dass das soziale Gefüge
Europas noch mehrere Jahre unter Stress steht.
BIP von Griechenland und Italien, Graph: Sebastian Dullien in: Zeit Online
Wie ist aber die weitere Zerstörung von Human Capital zu verantworten?
Was ist wichtiger? Wohlbefinden der Menschen oder
die bescheuerte Wirtschaftskonzeption des neoliberalen Dogmas, dem die
EU-Behörden seit Jahren blindlings gehorchen?
Bemerkenswert ist die Aussage von Mario Draghi heute bei der Ankündigung der Zinsentscheidung des EZB-Rats, dass die EZB möglicherweise ihren
geldpolitischen Kurs im März überdenken werde, weil Abwärtsrisiken überwiegen.
Warum wartet aber die EZB noch?
Die ganze Entwicklung erinnert an den Liquidationismus á la Andrew Mellon. Der amerikanische Finanzminister der Regierung Herbert
Hoover hatte als Reaktion auf die Krise in den 1930er Jahren die Ansicht
vertreten, dass Pleiten und Leiden notwendig seien, um die Verdorbenheit aus
dem System zu bereinigen: „Liquidieren Sie alles, Aktien,
landwirtschaftliche Betriebe, Immobilien ....“
Der Ratschlag von damals war von der Besessenheit von der Haushaltskonsolidierung (fiscal austerity) geprägt: die dem europäischen Wirtschaftskonzept von heute
zugrundeliegende Politik.
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