Samstag, 16. Januar 2016

Eine EZB-Story: Inflation verzweifelt gesucht

Die EZB bemüht sich mit den im Juni 2014 ergriffenen geldpolitischen Massnahmen dazu beizutragen, dem „Prozess der Entankerung der Inflationserwartungen Einhalt zu gebieten“.

Die 5-jährigen inflationsindexierten Termin-Sätze in den nächsten 5 Jahren (*) sind am Freitag nach Angaben von Bloomberg auf 1,58% gefallen. Das ist der tiefste Wert seit Oktober 2015.

Während der anhaltende Rückgang der Rohstoffpreise (siehe: Ölpreisentwicklung) und die Abwertung der chinesischen Währung einen disinflationären Druck auf die Weltwirtschaft auslösen, verschlechtern sich die Aussichten für das Wachstumsszenario im Euro-Raum.

Vor dem Hintergrund der niedrigen Inflationsdaten vom Dezember (0,2%) richtet sich der Blick nun auf das Treffen des EZB-Rates am Donnerstag, den 21. Januar.

Aus der am Donnerstag veröffentlichten Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung („Accounts“) des EZB-Rates geht hervor, dass die Ratsmitglieder eine Rekalibrierung des akkommodierenden geldpolitischen Kurses der EZB für notwendig halten, um eine Rückkehr der Inflationsraten auf ein Niveau von rund 2% zu gewährleisten.



Die 5-jährigen inflationsindexierten Termin-Sätze in 5 Jahren (5y5y inflation forward swap rates), Graph: Bloomberg
 (*) Die von Mario Draghi damals hervorgehobene Messgrösse für Inflationserwartungen im Euroraum.



Einige Ratsmitglieder sprachen sich für eine Senkung des Einlagesatzes um 20 Basispunkte aus, um den Lockerungseffekt der Massnahmen zu verstärken. Das heisst, dass einige Mitglieder eine tiefere Zinssenkung befürwortet haben. Die EZB hat jedoch beschlossen, den Zinssatz für die Einlagefazilität um 10 Basispunkte auf -0,30% zu senken.


EZB-Überschussliquidität, Graph: Morgan Stanley


Die Entwicklung legt nahe, dass die massive Injektion von Liquidität durch die EZB via Anleihekaufprogramm (genannt PSPP)(**) nicht ausreicht, die europäische Wirtschaft angemessen anzukurbeln. 



Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone seit 2008 beläuft sich im Jahresdurchschnitt auf (Stichwort: EU-Forderung nach einem ausgeglichenen Haushalt), Graph: Paul De Grauwe in: CEPS

Der EUR hat sich abgeschwächt. Aber auch das Wirtschaftswachstum hat sich verlangsamt. Da die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle (zero lower bound) steckt, kommt das von der EZB in das System gepumpte Geld nicht in der Realwirtschaft an.



1-Monat OIS, Overnight Index Swap, Graph: Morgan Stanley

Die QE-Politik ist zwar nötig, aber unzulänglich. Daher muss sie von der Fiskalpolitik begleitet werden, wie Paul De Grauwe in einer neulich vorgelegten Analyse unterstreicht.

Der an der London School of Economics lehrende Wirtschaftsprofessor rückt vor diesem Hintergrund erneut öffentliche Investitionen in die Infrastruktur in den Mittelpunkt der Tagesordnung.

Investitionen im öffentlichen Sektor werden aber in Europa durch die strikten und wie man sonst sagen darf, absurden Regeln eigens erschwert. Die Länder wie z.B. Deutschland, Frankreich, Belgien und die Niederlande, die zur Zeit zu fast Null-Konditionen langfristige Kredit aufnehmen können, hätten genügend Spielraum, in den Bereichen alternative Energien und öffentliche Verkehrsmittel zu investieren, um dadurch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzuregen. 

Alle Hoffnungen werden dennoch weiterhin an die Geldpolitik geknüpft und noch mehr Zeit vergeudet, während über 22 Millionen Menschen arbeitslos bleiben.






(**) Die EZB bezeichnet das Anleihekaufprogramm offiziell APP (asset purchase programme), Programm zum Ankauf von Vermögenswerten.

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