Die europäischen Anleihemärkte avancieren sich
seit Beginn des neuen Jahres. Erstaunlich? Vielleicht, oder vielleicht nicht. Der eine Faktor ist jedenfalls, dass die Inflation im
Dezember im Euro-Raum nach aktuellen Daten ins Stocken geraten ist.
Und der andere Faktor ist China. Die Turbulenzen
am chinesischen Aktienmarkt erhöhen den disinflationären Druck auf den Rest der
Welt. Der Yuan notiert gegenüber dem USD so schwach wie seit fünf Jahren nicht
mehr. Das bedeutet mehr Exporte aus China und weniger Importe in die
Volksrepublik.
Deutschlands break-even-Sätze
mit 10 Jahren Laufzeit, die allgemein als Mass für Inflationserwartungen
gelten, sind seit der EZB-Sitzung am 3. Dezember 2015 auf den niedrigsten Wert
seit August gefallen.
Inflation-Ausblick in Deutschland deutet aufs
4-Monats-Tief hin, Graph: Bloomberg
Auch in den USA sind die Renditen der
US-Staatsanleihen seit Mitte Dezember gesunken, obwohl die Fed inzwischen die
Zinsen erhöht hat.
Wachstum des weltweiten Handelsvolumens, Graph: Morgan Stanley
Die gegenwärtige Entwicklung auf beiden Seiten des Atlantiks
legt nahe, dass die Erholung der Wirtschaft aus der Finanzkrise und der daraus
folgenden Rezession immer noch nicht recht in Schwung kommt.
Warum?
Die klare Antwort liefert Joseph Stiglitz in einem lesenswerten Artikel („The Great Malaise Continues“) in Project Syndicate.
Wir haben nicht getan, was nötig gewesen wäre,
und wir sind genau dort angekommen, wo ich befürchtet habe, so der an der Columbia University tätige Wirtschaftsprofessor.
Chinas Devisen-Reserven sind im Jahr 2015 um 513
Mrd. USD (d.h.13,4%) auf 3'300 Mrd. USD zurückgegangen, Graph: Bloomberg
Weltweit besteht ein Mangel an
gesamtwirtschaftlicher Nachfrage, der durch wachsende Ungleichheit und eine
hirnlose Welle von Haushalts-Sparmassnahmen (fiscal austerity) hervorgerufen wurde. Gleichzeitig
leiden die USA auch unter der Sparwut, wenn auch in milderer Form als in
Europa.
Brad
DeLong ergänzt in einem lesenswerten Artikel in Huffington Post, dass künftige Wirtschaftshistoriker die Zeit seit
2007 möglicherweise als die „Longest
Depression“ nennen werden.
Stiglitz hat Recht. Die Hindernisse, vor denen die Weltwirtschaft steht,
sind nicht ökonomischer, sondern politischer und ideologischer Natur, hält der
an der University of California, Berkeley
der lehrende Wirtschaftsprofessor fest. Und auch er hat damit Recht.
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