Yanis
Varoufakis ist heute nach eigenen Angaben zurückgetreten.
Der griechische Finanzminister hat kurz davor als
erste Reaktion auf das Ergebnis des Referendums (Nein: 61,3%, Ja: 38,7%) in
seinem Blog geschrieben, dass “unser Nein ein majestätisches Ja zu einem
demokratischen, rationalen Europa” ist.
Das Ergebnis der Volksabstimmung legt nahe, dass Tsipras
und Syriza einen grossartigen Sieg im Streit gegen die stumpfsinnige
Austeritätspolitik von Brüssel und Berlin errungen hat.
Die zugrundeliegende (makroökonomische) Frage war
von Anfang an, wenn man alle Polemik, die die Debatte umringt, auslässt, ob
harsche Sparmassnahmen (austerity) die
Schuldenlage eines Landes wie Griechenland überhaupt verbessern können. Wenn
ja, wie lange es dauern würde?
Die Troika hat sich stetig darauf berufen, dass
Griechenland den Primärüberschuss (primary surplus), d.h. der
Haushaltssaldo vor Zinszahlungen, steigern muss.
Problematisch ist aber, dass ein
Primärüberschuss von 1%, wenn das betreffende Land nicht über eine eigene
unabhängige Geldpolitik verfügt, mehr als “1 zu 1 Austerität” fordert.
Griechenland, Streudiagramm; ja, das ist eine (rohe)
Phillips Kurve, Graph: Paul Krugman
in NYTimes
Paul
Krugman rechnet in seinem Blog
aus, dass das Land (mit einer Schuldenstandsquote von 170% des BIP) in diesem
Fall seine Ausgaben um 2% (im Verhältnis zum BIP) senken müsste, da die
Austerität die Wirtschaft verkleinert und die Einnahmen der öffentlichen Hand
verringert.
Das bedeutet, dass ein Primärüberschuss von 1% zu
einem Rückgang von 3% des BIP führt.
In einer kleinen Volkswirtschaft steigt die
Schuldenstandsquote (debt-to-GDP) relativ schnell. Der Versuch, den
Primärüberschuss um 1% zu erhöhen, steigert die Schuldenstandsquote um 5%
(0,03*170). Das wiederum bedeutet, dass es 5 Jahre in Anspruch nehmen würde,
die Schuldenstandsquote darauf zurückzubringen, wo sie stehen würde, wenn es
keine Austerität gäbe.
Das ist nicht alles in der ganzen Geschichte: Eine
schwache Wirtschaft bedeutet eine geringere Inflation (oder schnellere
Deflation), wodurch die Schuldenstandsquote tendenziell weiter steigt.
Fazit:
Ein Anstieg des Primärüberschusses um 1% führt zu einem Rückgang des BIP um 3% und
reduziert die Inflation um 0,7% (3*0,23).
Die Schuldenstandsquote würde in diesem Fall
(Ausgangspunkt: 170% des BIP) jedes Jahr um 1% steigen. Der Versuch, die
Staatsausgaben zu kürzen, erhöht also die Schuldenstandsquote, nicht nur auf
die kurze Sicht, sondern ewig.
Fallende Preise in Griechenland könnten zwar das
Exportgeschäft ankurbeln und damit zum Wachstum der Wirtschaft beitragen. Aber das
würde laut Krugman auf die sehr lange Sicht passieren; man denke dabei nicht an
Jahre, sondern an Jahrzehnte.
Daraus folgt, dass die Austeritätspolitik im Fall Griechenland
einfach nicht funktioniert. Und das griechische Volk hat gesagt, dass es damit Schluss ist, die Gürtel immer weiter enger zu schnallen.
PS: Ob
ein Schuldenstand nachhaltig ist, hängt nicht allein von der Höhe der Schulden
ab, sondern auch den von Zinsen und dem Wirtschaftswachstum. Wenn die
Wirtschaft schneller wächst als der Schuldenberg, geht die Schuldenquote
(debt-to-GDP) zurück.
4 Kommentare:
Interessant. Aber selbst Varoufakis scheint nicht mehr an den Erfolg dieser Position zu glauben. Wieso wirft er jetzt das Handtuch?
Er schreibt ja in seinem Blog, dass “einige Teilnehmer der Euro-Gruppe seine Abwesenheit in den Sitzungen vorzögen”. Das sei eine Idee, die laut Ministerpräsident möglicherweise helfen könnte, um mit der Troika doch noch eine Einigung zu erzielen. Aus diesem Grund lege er sein Amt nieder.
Vielleicht liegt es auch daran, dass er die Ausweglosigkeit dieser Abstimmung erkannt hat.
Er ist doch der Protagonist des Widerstandes gegen die EU und gegen die Austerität. Und jetzt scheint er gescheitert zu sein. Selbst sein eigener Ministerpräsident lässt ihn gehen.
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