Das Verhältnis der Staatsverschuldung zum BIP (debt-to-GDP) beträgt in Griechenland
180%. Es sieht so aus, wie wenn das Land ohne hohe Primärüberschüsse (primary surpluses) insolvent wäre.
Das ist aber nicht der Fall, schreibt Paul de Grauwe in einem lesenswerten
Artikel in voxeu. Denn die Zinsbelastung ist nach der
Schuldenumstrukturierung im Jahr 2012 auf mittlerweile 2% des BIP verringert
worden. Es ist die EZB, die mit einer Fehldiagnose, eine unnötige
Bankkrise in Griechenland ausgelöst hat, betont der an der London
School of Economics lehrende Wirtschaftsprofessor.
Die EZB folgt dem Bagehot-Grundsatz, wonach die Zentralbank nur dann
Geld an Banken leiht, wenn sie, also die Banken solvent, aber illiquid sind.
Die
EZB geht aber davon aus, dass die griechische Regierung mit 180% Schuldenstandsquote
(debt-to-GDP) nicht mehr solvent ist.
Und die europäische Notenbank ist deshalb nicht mehr bereit, Griechenlands Staatsanleihen für das
OMT- oder QE-Programm mitzuberücksichtigen.
Griechenlands Zinszahlungen auf ausstehenden
Schuldtitel des Landes im Verhältnis zum BIP, Graph: Paul
de Grauwe in: voxeu "Greece is solvent, but illiquid", July 3, 2015
De Grauwe hingegen zeigt in der folgenden
Abbildung, dass Griechenland den niedrigsten Realzins (r) für seine Schulden entrichtet, und zugleich das niedrigste
nominale Wirtschaftswachstum (g)
hat.
Aus dem Ergebnis (r-g) geht hervor, dass die
griechische Wirtschaft eine instabile Dynamik entfaltet. Deshalb ist es
entscheidend, das Wirtschaftswachstum zu stimulieren, und zwar viel mehr als in jedem
anderen Land in der Eurozone.
Wenn Griechenland ein nominales Wachstum (Inflation
+ reales Wachstum) von 2% an den Tag legen könnte, könnte es seine Schuldenlast
entscheidend stabilisieren, erklärt de Grauwe.
Austerität ist dabei sicherlich nicht der Weg, der
einzuschlagen ist. Griechenland hat seit 2009 kummuliert einen diskretionären
Primärüberschuss von 18% des BIP erwirtschaftet. Und die Wirtschaft ist um 25%
geschrumpft.
Realzinsen und nominales Wirtschaftswachstum im
Vergeich, Graph: Paul de Grauwe in:
voxeu "Greece is solvent, but illiquid", July 3, 2015
Durch die Weigerung, Liquidität bereitzustellen, hat
die EZB daher laut de Grauwe eine unnötige Bankenkrise verursacht. Die Krise
droht indes, die Rezession zu vertiefen, die Arbeitslosigkeit zu erhöhen und
den griechischen Staatshaushalt zu verschlechtern. So trägt die EZB dazu bei,
dass Griechenland in einem schlechten Gleichgewicht (bad equilibrium) stecken bleibt.
Nettozinsbelastung der griechischen Regierung hat
sich seit 2011 auf 4% des BIP halbiert, während sie in anderen Staaten wie z.B.
Irland, Italien, Portugal und Spanien gestiegen ist.
Die Lösung ist deshalb, zu akzeptieren, dass
Griechenlands Verschuldung nachhaltig ist, sodas die Austeritätspolitik
gelockert und weitere Liquiditätszufuhr für die griechischen Banken
sichergestellt wird.
Das scheint aber politisch nicht machbar, da die
Politiker in einer fiktiven Welt leben, wo sie die Wahrheit vor Bürgern
verstecken, dass in der Vergangenheit Verluste entstanden sind, die heute
getragen werden müssten.
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