Es gibt keinen Zweifel daran, dass Deutschland
bestimmt, wo es in der Eurozone lang geht. Es ist quasi eine Alleinherrschaft,
mit freundlicher Unterstützung der fügsamen Regierungen Nordeuropas. Auch
Frankreich scheint kein Rückgrat zu haben.
Angela Merkel und Wolfgang Schäuble spielen dabei die
Rolle von “guter Bulle, böser Bulle” nahezu vollkommen. Während manche Protagonisten darüber spekulieren, ob der eine der anderen in den Rücken fällt, fliesst noch
viel Wasser den Rhein runter. Klischee
in der gegenwärtigen Popularkultur Europas? Keineswegs!
Barry
Eichengreen schreibt in einem
lesenswerten Artikel (“Saving Greece,
Saving Europe”) in Project Syndicate, dass Deutschland will, dass Griechenland zwischen dem wirtschaftlichen
Zusammenbruch und Grexit wählen muss. Beide Optionen bedeuten wirtschaftliche
Katastrophe; die erste, wenn nicht beide, wäre auch politisch verheerend.
Der an der University
of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor hatte in einer Studie
2007 festgehalten, dass kein Mitgliedstaat die Eurozone freiwillig verlassen
würde, weil die ökonomischen Kosten einer solchen Entscheidung enorm wären.
"Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Deutschland
einen Mitgliedstaat zum Austritt zwingen würde. Denn das wäre die Auswirkung von politisch und wirtschaftlich untragbar perversen Bedingungen, die das
deutsche Finanzministerium vorlegen würde", erläutert Eichengreen.
Wolfgang Schäubles Idee einer vorübergehenden “time out” aus dem Euro ist angesichts
der zerfallenden Wirtschaft und der wachsenden humanitären Krise im Land
lächerlich, so Eichengreen weiter: Das neue Programm ist pervers, weil es
Griechenland tiefer in die Depression schickt.
Wolfgang
Münchau hält Schäubles Vorschlag
eines zeitlich begrenzten Austritts aus dem Euro einfach für wahnsinnig. Ein
Mitgliedstaat schmeisst einen anderen Mitgliedstaat aus der Eurozone.
Das ist der wirkliche Coup vom Wochenende, nicht nur
ein Regimewechsel in Griechenland, sondern auch ein Regimewechsel in der
Eurozone, so Münchau mit Nachdruck in einem lesenswerten Kommentar (“Greece’s brutal creditors have demolished
the Eurozone projects”) in FT.
Jedes andere Land, das in Zukunft die deutsche
Wirtschaftsorthodoxie herausfordert, wird sich ähnlichen Problemen
gegenübergestellt sehen, unterstreicht der Direktor von Eurointelligence.
Kevin
O’Rourke redet nicht lange um den
heissen Brei. Der Ökonom aus Irland schreibt in seinem Blog, dass es sich dabei um die neu und eigennützige deutsche
Doktrin handelt, wonach defaults in der
Eurozone unmöglich sind.
Die Lehre aus den Verhandlungen zwischen der Troika
und Griechenland in den vergangenen Monaten ist, dass es reine Zeitverschwendung ist,
mit Deutschland zu verhandeln, so der an der University of Oxford, All Souls College, lehrende
Wirtschaftsprofessor.
Nun hagelt es Boykott-Aufrufe auf Twitter wegen der
von Deutschland tatkräftig gesteuerten Austeritätspolitik.
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