Samstag, 11. Juli 2015

Kundenansturm und eine politisch befangene Zentralbank

Wenn jeder, der ein Konto bei einer Bank hat, auf einmal sein Geld abheben will, geht der Bank das Geld aus. Und die Bank geht möglicherweise Pleite. Das ist der Grund, warum Kundenansturm (bank run) so gefährlich ist. 

Und es ist daher eine der Schlüsselrollen, die eine Zentralbank spielt, Banken, die sonst solvent sind, mit Liquidität zu versorgen, damit eine Bank Kundeneinlagen nicht verweigern kann.

Wenn die Zentralbank die sog. “lender of last resort” Funktion nicht ausübt, reicht ein Gerücht aus, dass alle Kunden von der Bank, die angeblich insolvent sei, ihre Ersparnisse abheben und der Bank Barbestände ausgehen, mit der Gefahr, dass die Bank sogar pleite geht.

Die EZB hat am 28. Juni 2015 den Wunsch der griechischen Zentralbank nach einer Aufstockung der Notkreditlinien an griechische Banken (um weiter 6 Mrd. EUR) abgelehnt.

Vor diesem Hintergrund schreibt Martin Hellwig in einem unbedingt lesenswerten Beitrag im Blog Ökonomenstimme, dass das Einfrieren der Notkredite fragwürdig ist. Das ist mit den vertraglichen Pflichten der EZB nicht vereinbar, hält der am Max-Planck-Institut forschende Wirtschaftsprofessor fest.

Das Einfrieren der Notkredite hatte die Schliessung der griechischen Banken zur Folge. Die griechischen Regierung hat zugleich auch Kapitalverkehrskontrollen einführen müssen.

Es ist laut Hellwig befremdlich, dass die EZB nunmehr den griechischen Banken die weitere Unterstützung versagt. Für die Wirtschaft eines Landes ist die Zerstörung des Bankensystems und der Zahlungsprozesse so etwas wie die Zündung einer Atombombe. Die Schäden sind unübersehbar, legt Hellwig weiter dar. 

Griechenland will im Euro bleiben. Die anderen Länder haben kein formales Recht, das Land aus dem Euro-Raum zu schmeissen. Die griechischen Regierung würde aber zum Austritt gezwungen, wenn die EZB nicht mehr Liquidität bereitstellen würde.

Das ist die sich selbsterfüllende Logik eines Kundenansturms (bank run), betont Simon Wren-Lewis in seinem Blog mit Nachdruck.

Die EZB hat am 28. Juni durch die Begrenzung der Finanzierungshilfe die griechische Regierung wegen der Nichtumsetzung der von der Troika vorgeschriebenen Bedingungen bestrafen wollen, weil die griechische Regierung obendrauf noch ein Referendum ausgerufen hat, argumentiert Wren-Lewis.

Die EZB war nie ein neutraler Aktuer, der den Regeln einer guten Zentralbank folgt. Immer war sie ein Teil der Troika. Nun ist sie sogar Vollstreckerin der Troika geworden, unterstreicht der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Es ist nicht das erste Mal, dass die EZB dem politischen Druck beugt, wie Charles Wyplosz in einem lesenswerten Beitrag (“Grexit: The staggering cost of central bank dependence”) in voxeu schildert.

Die EZB hätte eine politisch unabhängige Bank sein können. Aber es fragt sich, warum sie sich davon abgewendet hat.




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