Mittwoch, 15. Juli 2015

Europas asymmetrische Wirtschaftspolitik und folgende Deflation

Heiner Flassbeck hat es in seinem BuchZehn Mythen der Krisevom Februar 2012 festgehalten:

Wenn alle Länder in der Eurozone versuchen, die Probleme durch internal devaluation (d.h. Lohnsenkungen) zu lösen, wird das Ergebnis Deflation sein, unabhängig davon, wieviel Geld die EZB in die Wirtschaft pumpt.

Der ehemalige Chef-Volkswirt der UN-Handelsorganisation (UNCTAD) in Genf hatte bereits einige Jahre davor überzeugend darauf hingewiesen, dass die Austeritätspolitik ohne Zweifel der falsche Weg ist, die Krise in Europa anzugehen.

Griechenland hat über seine Verhältnisse gelebt. Aber Deutschland hat unter seinen Verhältnissen gelebt. Wer hat den grösseren Fehler begangen? Eindeutig Deutschland, unterstreicht Flassbeck. 

Denn in der EWU wurde vereinbart, ein gemeinsames Inflationsziel von 2% anzustreben. Wer das Ziel der EZB durch Lohnmoderation unterbietet, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, verstösst gegen den Geist und den Buchstaben der Vereinbarungen einer Währungsunion.


Phillips Kurve für Griechenland, Graph: Paul Krugman in NYTimes 


Nun fasst Paul Krugman in einem lesenswerten Blogeintrag im Anschluss der aktuellen Einigung der Troika mit der griechischen Regierung zusammen, dass Europa ein System geschaffen hat, wonach Überschuss- und Defizit-Länder asymmetrisch behandelt werden, sogar noch auffälliger als im klassischen Goldstandard, was eine starke deflationäre Tendenz innehat.

Das gilt sowohl für fiskalpolitische Angelegenheiten als auch für Probleme in Bezug auf die Zahlungsbilanz, betont der am Graduierten Zentrum der City University New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor.

Schuldner werden gezwungen, drakonische Sparmassnahmen (austerity) über sich ergehen zu lassen, während Gläubiger keinem Druck ausgesetzt sind, eine Reflationspolitik zu betreiben.

Folglich führt die Krise, auf die mit einer expansiven Wirtschaftspolitik geantwortet werden könnte, zur Schrumpfung des BIP, wegen der oben beschriebenen Asymmetrie.

Die Länder, die sich in einer Überbewertung (be-)finden, werden gezwungen, die Konjunktur zu dämpfen (deflate), um die Wettbewerbsfägikeit zu erhöhen, während die Länder mit einer Unterbewertung keinem Druck gegenübersehen, mit einer etwas höheren Inflationsrate dem Rest in der Währungsunion entgegenzukommen. In einer Situation mir fehlerhafter Ausrichtung, wo eine moderate Inflation helfen könnte, ist die gesamte Auswirkung der Austeritätspolitik so, dass die Inflation abnimmt und u.U. sogar Deflation auslöst.

Die Kosten sind enorm, sowohl wirtschaftlich als auch humanitär: Krugman rechnet für den Fall Griechenland aus, dass das Land eine Produktionslücke (output gap) in Dauer von 4 Jahren in Kauf nehmen müsste, um die Preise im Vergleich zum Basisjahr um 1% zu senken. 

Man denke nur daran, was es bedeutet, wenn das Land eine Überbewertung von 25% bekämpfen müsste.





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