Dienstag, 28. Februar 2012

Mainstream-Ökonomen und empirische Evidenz

Die konservativen Politiker lassen keine Gelegenheit aus, die Euro-Krise immer noch als Staatsschuldenkrise darzustellen, obwohl Spanien und Irland, zwei Länder an der EU-Peripherie am Vorabend der Krise Haushaltsüberschüsse hatten. Die vom unterregulierten Bankensystem ausgelöste Finanzkrise wird dabei geflissentlich verschwiegen.

Solange über die Ursache der Misere in Europa ein Mythos gepflegt wird, dass nämlich schlechte Haushaltsführung dafür verantwortlich ist, dürfte einer Scheinlösung die nächste folgen.

Warum sind aber Konservativen heute weniger bereit, die Fakten zu betrachten, als vielmehr sich den Ansichten ihrer zusammengehörigen Gruppierung von Menschen zu verpflichten?

Paul Krugman deutet in diesem Kontext in seinem Blog auf einen Artikel von Chris Mooney („The Republican Brain: Why Even Educated Conservatives Deny Science – and Reality“) in AlterNet hin, wo der Autor erklärt, wie die Republikaner in den USA der modernen Klima-Wissenschaft mit Skepsis begegnen, indem sie Global Warming strikt ablehnen.

Es betrifft aber auch nicht-wissenschaftliche Fragen, wie z.B. die Behauptung, dass Präsident Obama ein Muslim sei. Der Glaube an diese Lüge ist laut Mooney sogar unter den besser gebildeten Republikanern von 2009 bis 2010 gestiegen, wie eine Studie des Politikwissenschaftlers John Sides, George Washington University belegt.

Christina Romer unterstreicht am Ende ihres ausgezeichneten Vortrags („What Do We Know About the Effects of Fiscal Policy?) vom November 2011, über die Auswirkungen der Fiskalpolitik, dass das einzige, was sie in der Diskussion enttäuscht habe, sei, dass die politischen Entscheidungsträger und viel zu viele Ökonomen eher ideologisch zu argumentieren scheinen als dass sie sich auf Fakten stützen.

Der Beweis ist laut der an der University of California, Berkeley lehrenden Wirtschaftsprofessorin stärker als je zuvor, dass es auf die Fiskalpolitik ankommt. Die Fiskalpolitik kann helfen, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen und der Abbau des Haushaltsdefizits das Wachstum zumindest in der nahen Zukunft reduziert. Doch diese Beweise scheinen im Gesetzgebungsprozess nicht durchzukommen, hält die ehemalige Wirtschaftsberaterin des Präsidenten Obama fest.

Das ist laut Romer unannehmbar: „Wir werden unsere Probleme niemals lösen, wenn wir uns nicht einmal auf die Fakten einigen können. Evidenzbasierte Politikgestaltung ist unerlässlich, wenn wir jemals die Rezession überwinden und mit unseren langfristigen Haushaltsproblemen fertig werden wollen“.

Gut ausgebildete politische Konservative und dazu gehören auch konservative Ökonomen lassen sich von der empirischen Evidenz weniger überzeugen als der Mann oder die Frau auf der Strasse, legt Krugman als Fazit dar. Je mehr Löcher Sie in die Doktrin der expansiven Sparpolitik (expansionary austerity) oder die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik (supply-side economics) bohren, desto mehr fühlen sich sich zu diesen Glaubenssätzen verpflichtet.

Diese Debatte wird wohl durch rationale Argumente nicht gewonnen werden. 

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