Freitag, 17. Februar 2012

Konservative Politiker und arme Bürger

Die Idee, dass die Mitglieder der faulen Arme („idle poor“) staatliche Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen, die sie nicht verdienen, und im Prozess die Vorteile derjenigen, die es verdienen, gefährden, gehört, wie Mark Thoma in seinem Blog beschreibt, zu der bequemen Fiktion derjenigen, die aus ideologischen Gründen daran arbeiten, das Gewicht des Staates abzubauen.

Vor diesem Hintergrund schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Freitagskolumne („Moochers Against Welfare“) in NYT, dass Atlas zunächst die Welt abgeworfen, und dann in Verwirrung sich am Kopf gekratzt habe.

Was meint der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008) damit? Moderne Republikaner sind sehr konservativ. Man darf sogar sagen (wenn man Mitt Romney wäre), dass sie streng konservativ sind. Und was diese krankhaft strengen Konservative v.a. hassen, ist die Abhängigkeit von staatlichen Unterstützungsprogrammen. Rick Santorum erklärt, dass Präsident Obama Amerika an „Rauschgift Abhängigkeit“ zappeln lässt. Romney warnt davor, dass die staatlichen Zuwendungen „Passivität und Trägheit“ fördern.

Paul Ryan schreibt vor, dass seine Mitarbeiter Ayn Rands „Atlas Shrugged“ lesen, wo die herorischen Kämpfer sich gegen die „Schmarotzer“ wehren, die versuchen, ihnen den völlig verdienten Reichtum zu stehlen. Ein Kampf, den die Helden durch die Rücknahme ihres produktiven Einsatzes und das Halten von endlosen Reden gewinnen.

Viele Leser von NYT waren überrascht, von einem ausgezeichneten Artikel („Even Critics of Safety Net Increasingly Depend on It“) vergangene Woche zu erfahren, dass die amerikanischen Regionen (in denen die staatlichen Unterstützungsleistungen den grössten Anteil des persönlichen Einkommens ausmachen), die vom oben beschriebenen Rauschgift von Santorum abhängen, gerade die Regionen sind, die diese strengen Konservative wählen, unterstreicht Krugman. Sollte Red America aber nicht das Land der traditionellen Werte sein, wo die Menschen nicht Thai-Food essen und auf Almosen nicht angewiesen sind?

Es gibt laut Krugman kein Geheimnis über die Abhängigkeit von Red America von staatlichen Zuwendungen. Diese Bundesstaaten sind relativ arm. Aber warum wählen die Menschen in diesen Bundesstaaten die Politiker, die das Sicherheitsnetz abreissen wollen?

Suzanne Mettler von der Cornell University weist darauf hin, dass viele Empfänger von staatlichen Programmen über ihren eigenen Platz im System verwirrt zu sein scheinen. Mettler erklärt, dass 44% der Sozialhilfeempfänger, 43% der Arbeitslosengeldbezieher und 40% derjenigen, die auf Medicare angewiesen sind, sagen, dass sie keinn Government Program (wie z.B. Zuschüsse, Darlehen, Förderprogramme, die erschwinglich Unterkunft, Verpflegung, medizinische Versorgung und Bildung usw. für die Bürger bereitstellen) in Anspruch nehmen.

Vermutlich stellen sich die Wähler vor, dass die Zusagen, die Staatsausgaben für faule Arme (idle poor) zu kürzen, nicht Dinge sind, auf welche sie zählen. Und das ist eine Verwechslung, die die Politiker bewusst fördern. Als z.B. Romney auf den neuen Haushaltsplan Obamas reagierte, warf er dem Präsidenten vor, die Ausgaben für Leistungsberechtigungen nicht berücksichtigt zu haben. Und im nächsten Atemzug hat Romney Obama angegriffen, Medicare zu kürzen.

Die Wahrheit ist natürlich, dass der Löwenanteil der Leistungsansprüche der Bürger auf ältere Menschen, Behinderte und Arbeiterfamilien entfallen, sodass eine bedeutende Kürzung die Menschen treffen würde, die denken, dass sie diese Zuwendungen nicht in Anspruch nehmen, legt Krugman dar. 

Die Botschaft, die der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor daraus nimmt, ist, dass die Experten, die Amerika als konservatives Land beschreiben, falsch liegen. Ja, die Wähler senden einige strenge Konservative nach Washington. Aber diese Wähler wären schockiert und verärgert, wenn solche Politiker ihre small-government agenda (Abbau von Staat) einführen würden.

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