Montag, 20. Februar 2012

Sparpolitik: Schmerzen ohne Gewinn

Ein Abbau der Staatsausgaben mitten in einer depressiven Volkswirtschaft führt nicht zu einem Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, sondern zur Kontraktion.

Vergangene Woche hat die EU-Kommission bestätigt, was jeder vermutet hat: die Volkswirtschaften, die sie abdeckt, schrumpfen. „Es ist noch keine offizielle Rezession, aber die einzige wirkliche Frage ist, wie tief der Abschwung sein wird“, bemerkt Paul Krugman in seiner lesenswerten Montagskolumne („Pain Without Gain“) in NYT.

Und dieser Abschwung trifft alle Länder, die sich von der letzten Rezession nie erholt haben. Schlimmer noch: europäische Politiker und nicht wenige einflussreiche Akteure sind immer noch mit der ökonomischen Doktrin vermählt, die für diese Katastrophe verantwortlich ist, hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hervor.

Insbesondere im Frühjahr 2010 kam die Sparpolitik ganz in Mode in den europäischen Hauptstädten. Die Doktrin behauptet, dass die direkten negativen Auswirkungen der Ausgabenkürzungen auf die Beschäftigung durch Änderungen des „Vertrauens“ ausgeglichen würden, sodass die wilden Kürzungen zu einem kräftigen Anstieg von Konsum und Investitionen führen würden, während Länder, die solche Kürzungen nicht vornehmen, einer Kapitalflucht und steigenden Zinsen gegenüberstehen würden.

Nun liegen die Ergebnisse vor: die Vertrauen Fee (confidence fairy) hat es versäumt, aufzutreten. Keines der Länder, die die Ausgaben gekürzt hat, sieht den vorhergesagten Anstieg der Investitionen des privaten Sektors. Stattdessen erzwingen die depressiven Auswirkungen der rigorosen Sparpolitik sinkende Ausgaben der privaten Haushalte, erklärt Krugman.

Darüber hinaus stehen die Star-Schüler des Sparkurses, wie Portugal und Irland, noch immer exorbitanten Fremdkapitalkosten gegenüber. Warum? Weil die Ausgabenkürzungen ihre Volkswirtschaften tief deprimiert haben, was die Steuereinnahmen untergräbt, sodass die Staatsquote (Verhältnis der Schulden zum BIP) sich verschlimmert statt zu verbessern.

Inzwischen haben die Länder, die in den Spar-Zug nicht eingestiegen sind, v.a. Japan und die USA, verfügen immer noch über sehr niedrige Finanzierungskosten, trotz den düsteren Prognosen der haushaltspolitischen Falken. Doch soweit Krugman beurteilen kann, wird die Sparpolitik (fiscal austerity) immer noch als verantwortlich und notwendig erachtet, trotz ihres katastrophalen Versagens in der Praxis.

Der Punkt ist, dass wir laut Krugman tatsächlich eine Menge tun könnten, um die Volkswirtschaften durch eine Umkehrung des Sparkurses der vergangenen zwei Jahre anzukurbeln. Das gilt sogar auch für die USA, wo ausgewachsene Sparmassnahmen vermieden wurden, aber es auf bundesstaatlicher und kommunaler Ebene zu Ausgabenkürzungen und Beschäftigungsabbau gekommen ist, unterstreicht der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor. Alles, was die Bundesstaaten machen müssen, ist, die Wirtschaft anzukurbeln, indem sie auf der Ebene der kommunalen Verwaltungen Hilfe leisten, damit Hunderttausende von Lehrer/Lehrerinnen wiederangestellt werden können, die entlassen worden waren und Bau- und Instandhaltungsprojekte, die annuliert worden waren, wieder aufgenommen werden.

Es ist verständlich, warum einflussreiche Menschen nur ungern einräumen, dass die politischen Ideen, von denen sie dachten, dass sie tiefe Weisheit widerspiegeln, nun einer vollkommen vernichtenden Torheit gleichkommen. Aber es ist Zeit, die wahnsinnigen Überzeugungen über die Tugend Sparsamkeit in einer depressiven Wirtschaft hinter uns zu lassen, wie Krugman zusammenfasst.

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