Die Ökonomen
sind sich grundsätzlich einig, dass die Notenbanken sich von Geschäftsbanken
grundlegend unterscheiden, sodass sie weiter arbeiten können, auch wenn ihr
Eigenkapital vorübergehend negativ wird.
Die
Zentralbanken wissen aber, dass ein negatives Eigenkapital kein dauerhafter
Zustand sein kann, weil ihre Glaubwürdigkeit sonst auf dem Spiel steht und sie sich
in Sachen Unabhängigkeit in Gefahr setzen.
Da die
mangelhafte Basis der Banken mit Eigenmitteln die ohnehin schwere Finanzkrise
von 2008 zusätzlich verschärft hat, ist eine wichtige Lehre daraus, dass die
Banken über mehr Eigenkapital verfügen müssen, wie die SNB vor einigen Jahren unterstrichen hat.
Cecchetti
und Schoenholtz gehen in ihrem Blog genau darauf ein, was es bedeutet, wenn
eine Zentralbank eines Tages ein negatives Eigenkapital aufweist. Die Frage,
die sie eingangs stellen, lautet, welche Rolle die Portfolioverluste und potenzielle Verluste der SNB im Politikwechsel gespielt haben.
Die SNB hat
nämlich am 15. Januar 2015 den seit fast drei Jahren bestehenden Mindestkurs (von 1,20 CHF pro EUR) aufgehoben und den Zins für Guthaben auf den
Girokonten auf minus 0,75% gesenkt.
Cecchetti
und Schoenholtz denken, dass dafür politische Sorgen ausschlaggebend gewesen
sind. Es ist dennoch wichtig, zu erkennen, dass die SNB nicht die einzige Notenbank ist, im Kampf gegen die Krise Risiken eingegangen
ist.
Eine Reihe
von Zentralbanken hat in Reaktion auf die Krise unkonventionelle Massnahmen getroffen und zugleich ihre Bilanzsumme ausserordentlich
ausgeweitet. Um nicht darum herum zu hacken, erwähnen die Autoren Chile, die Tschechische Republik, Israel
und Mexiko, also die Länder, die die
Erfahrung damit machten, dass ihre Zentralbank auch mit negativem Eigenkapital für
eine Zeit lang handlungsfähig blieb.
Es gibt
mehrere Gründe für die Annahme, dass die Zentralbanken keine Schwierigkeiten
haben sollten, mit negativem Eigenkapital zu arbeiten, argumentieren Cecchetti und Schoenholtz weiter: (1) Eine Zentralbank kann Verbindlichkeiten (z.B. Geld)
unabhängig von deren Netto-Wert emittieren. Illiquide kann sie nie werden, (2)
weil die Zentralbank ein Teil des Staates ist, ist es naheliegend, ihre Bilanz gegebenenfalls
mit der breiter Bilanz der öffentlichen Hand zu konsolidieren, und (3) es ist
in einer Welt der stabilen Preise unter fast jeder vernünftigen Reihe von
Annahmen davon auszugehen, dass künftige Gewinne der Zentralbank mehr als
ausreichen werden, um eine moderate Kapitallücke in einem angemessenen
Zeitrahmen zu schliessen. Warum? Weil Zentralbanken Seignorage
(d.h. Gewinn, der durch die Emission von Zentralbankgeld entsteht) verdienen.
Die reale
Gefahr entspringt Episoden, wo erhebliche Verluste entstehen, die politischer, nicht
wirtschaftlicher Natur sind. Es kann z.B. sein, dass die Unabhängigkeit der Zentralbank
in Frage gestellt wird, wenn sie während einer Episode von negativem Cash-Flow die
Geldüberweisungen an das Schatzamt vorübergehend stoppt. Es kann ausserdem auch
sein, dass die Zentralbank aus Angst und Ungeduld mit weniger Unabhängigkeit
arbeitet (d.h. mit weniger Glaubwürdigkeit), um Anforderungen der Behörden in
Bezug auf die Rekapitalisierung zu erfüllen.
Die Theorie
ist nicht falsch, halten die Autoren fest: Das Eigenkapital einer
Zentralbank sollte nicht entscheidend sein, weil der Barwert der künftigen Einnahmen
ausreichen, um sogar eine grosse Lücke an Eigenmitteln zu schliessen.
Auch Martin Hellwig befasst sich in einem
lesenswerten Artikel mit den Verlusten der SNB auf Anlagen in fremden Währungen.
"Eine moderne Zentralbank kann praktisch
nicht zahlungsunfähig werden, denn das Geld, das sie zur Erfüllung ihrer
Verbindlichkeiten braucht, produziert sie zumeist selbst. Das Geld, das die
Zentralbank ausgibt, erscheint in der Bilanz als Verbindlichkeit, aber es
verpflichtet sie zu nichts", unterstreicht der Direktor am Max-Planck-Institute.
"Als Banknoten noch in Gold einzulösen
waren, war das anders. Damals begründete die Einlösepflicht eine echte
Verbindlichkeit. Heute haben wir eine reine Papierwährung, ohne Einlösepflicht",
so Prof. Hellwig als Fazit.
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