Samstag, 30. Mai 2015

Negative Geldmarktzinsen für Euro

Euro-Liquidität ist so reichlich vorhanden, dass die Banken wieder beginnen, sich gegenseitig Cash zu leihen. Der Geldmarktzins für drei Monate, genannt Euribor ist sogar im April 2015 unter null gefallen: minus 0,001%.

Dahinter steckt die weiter gelockerte Geldpolitik der EZB via Anleihekaufprogramm (PSPP). Die Banken verfügen über hohe Geldbestände, sodass sie, statt einen Negativzins (-0,20%) für die Guthaben bei der EZB zu zahlen, die überschüssige Liquidität für einen kleineren Negativzins an andere Banken anbieten.

Das deutet darauf hin, dass Mario Draghis Plan, das System durch das billige Geld via Quantitative Easing zu entspannen und die Deflation abzuwenden, Früchte trägt.

Die Banken sehen sich mit Einlagen überschwemmt. Aber sie sind nicht bereit, das Geld bei der EZB zu minus 0,20% zu hinterlegen. Stattdessen leihen sie überschüssige Liquidität im Interbankenmarkt zu einem „günstigeren“ Negativzins.

Die Euribor-Zinssätze sind zur Zeit mit einer Laufzeit von 1 und 3 Monaten negativ. Mit 0,049% (d.h. ca. 5 Basispunkte) bewegt sich auch der Euribor-Satz für 6 Monate in Richtung Negative. Im Vergleich: Zu Jahresbeginn belief sich der Wert auf 17 Basispunkte.


Euribor Notierungen und Forward Zinssätze, Graph: Morgan Stanley

Analysten von Morgan Stanley schliessen es (gestützt auf ein Modell mit Zerlegung der Komponenten von Euribor-Werten)  nicht aus, dass der Sechsmonats-Geldmarktzins Euribor, solange die EZB am Einlagezinssatz von minus 0,20% festhält und die Spreads sich am kurzen Ende der Ertragskurve weiter festziehen, auf minus 4 Basispunkte fällt. Das ist jedoch nicht das erwartete Szenario oder ein wahrscheinlicher Fall, betonen die Autoren der Analyse mit dem Hinweis auf die Entwicklung der EONIA-Kurve. Aber es ist möglich.


EONIA: Während der Zinssatz fällt, steigt das Volumen im Handel, Graph: Morgan Stanley

Denn die Analysten beobachten, nach dem Abrutsch der Werte unter die Null-Marke, erstens eine gewisse Rigidität und zweitens eine wachsende Volatilität, zumal das Ganze eintönig abläuft.

Was hält aber die EZB von der ganzen Entwicklung, v.a. was die negativen Notierungen betrifft? In einem neulich vorgelegten Money Market Study unterstreicht die EZB, dass die Euro-Geldmärkte sich in einer Heilungsphase befinden. Vor allem den Anstieg des Volumens im EONIA-Handel sieht die EZB als positiv. Die europäischen Währungshüter scheinen m.a.W. wegen der negativen Geldmarktzinsen nicht besorgt, zumindest technisch nicht.

Interessant ist aber die Tatsache, dass zum Beispiel in Spanien (oft 12M Euribor) und Portugal (zumeist 3M und 6M Euribor) die Zinssätze für Hypothekenkredite sich an den kurzfristigen Geldmarktzinsen orientieren.

Die portugiesische Zentralbank hat bereits angekündigt, dass sie für die Verzinsung (reference rate) keine Untergrenze festschreiben werde. In Spanien und Italien hingegen gibt es angeblich Bemühungen um die Festlegung einer Untergrenze für kurzfristige Unternehmenskredite. In Schweden sind die Hypothekenzinsen an private Haushalte bereits unter Null gesunken.


Dreimonats-Euribor, Graph: Morgan Stanley


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