Donnerstag, 21. Mai 2015

Der reale Gleichgewichtszinssatz im Zentrum des Fed-Protokolls

Aus dem Protokoll der jüngsten Sitzung des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) der US-Notenbank geht hervor, dass die Teilnehmer keine Zinserhöhung im Juni planen. Zudem scheint eine rasche Abkehr von der Nullzinspolitik nicht im Mittelpunkt der Überlegungen der Teilnehmer zu stehen.

Bemerkenswert ist die Diskussion, die die US-Notenbanker über verschiedene Konzepte des realen Gleichgewichtszinssatzes (equilibrium real federal funds rate) hatten. Der Gleichgewichtszins ist ein Referenzwert des inflationsbereinigten Tagesgeldsatzes (federal funds rate), der mit Vollbeschäftigung und Preisstabilität in der Wirtschaft über einen bestimmten Zeitraum im Einklang steht.

Interessant ist dabei, dass die Fed, was die realen Zinssätze betrifft, eher ein follower als leader ist, wie Larry Summers neulich zum Ausdruck gebracht hat, weil die realen Zinsen von einem breiten Spektrum von Faktoren bestimmt werden. Doch es ist eine Tatsache, dass der reale Gleichgewichtszinssatz seit einiger Zeit in einem Abwärtstrend zu sein scheint.

Die Frage ist daher, ob das Wachstumspotential der US-Wirtschaft von der Finanzkrise von 2008 und der darauf folgenden Rezession dauerhaft so verlangsamt wurde, dass der von der Fed als „neutral“ betrachtete Gleichgewichtszins heute noch tiefer läge?

Schätzung von realen Gleichgewichtszinssätzen sind höchst unsicher, unterstreichen die FOMC-Teilnehmer. Manche Notenbanker berichten, dass ihre Schätzung des realen Gleichgewichtszinses derzeit im historischen Vergleich ungewöhnlich niedrig sei, was Faktoren widerspiegele, die anhaltend auf der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage lasten.

Einige Teilnehmer warfen deshalb die Frage auf, ob die US-Notenbank zur Zeit für ausreichende geldpolitische Akkommodierung sorge und in Bezug auf geldpolitische Straffung in der nahen Zukunft Vorsicht walten lasse.

Einige Teilnehmer hätten jedoch, so das Fed-Protokoll, auf Faktoren hingedeutet, wie z.B. die Laufzeitprämie, dass es zweifelhaft wäre, sich vorzustellen, dass der reale Gleichgewichtszins heute wesentlich tiefer liegen müsste.

Die Fed sucht im Grunde genommen u.a. eine Antwort auf die Frage, warum ein Überschuss von Ersparnissen über Investitionen trotz extrem niedrigen Zinsen so lange bestehen bleiben kann. Ein natürliches Instrument vor diesem Hintergrund wäre expansive Fiskalpolitik z.B. in Form von Investitionen in Infrastruktur, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Die Fed scheint jedoch aufgrund des politischen Drucks den Spielraum der Fiskalpolitik nicht erläutern zu wollen.

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