Aus dem Protokoll
der jüngsten Sitzung des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) der US-Notenbank
geht hervor, dass die Teilnehmer keine Zinserhöhung im Juni planen. Zudem
scheint eine rasche Abkehr von der Nullzinspolitik nicht im Mittelpunkt der
Überlegungen der Teilnehmer zu stehen.
Bemerkenswert
ist die Diskussion, die die US-Notenbanker über verschiedene Konzepte des realen Gleichgewichtszinssatzes (equilibrium
real federal funds rate) hatten. Der Gleichgewichtszins ist ein
Referenzwert des inflationsbereinigten Tagesgeldsatzes (federal funds rate), der mit Vollbeschäftigung und Preisstabilität
in der Wirtschaft über einen bestimmten Zeitraum im Einklang steht.
Interessant
ist dabei, dass die Fed, was die realen Zinssätze betrifft, eher ein follower als leader ist, wie Larry Summers neulich zum Ausdruck gebracht hat, weil die realen Zinsen von
einem breiten Spektrum von Faktoren bestimmt werden. Doch es ist eine Tatsache,
dass der reale Gleichgewichtszinssatz seit einiger Zeit in einem Abwärtstrend
zu sein scheint.
Die Frage ist daher, ob das Wachstumspotential der US-Wirtschaft von der
Finanzkrise von 2008 und der darauf folgenden Rezession dauerhaft so
verlangsamt wurde, dass der von der Fed als „neutral“ betrachtete Gleichgewichtszins
heute noch tiefer läge?
Schätzung
von realen Gleichgewichtszinssätzen sind höchst unsicher, unterstreichen die
FOMC-Teilnehmer. Manche Notenbanker berichten, dass ihre Schätzung des realen
Gleichgewichtszinses derzeit im historischen Vergleich ungewöhnlich niedrig sei,
was Faktoren widerspiegele, die anhaltend auf der gesamtwirtschaftlichen
Nachfrage lasten.
Einige
Teilnehmer warfen deshalb die Frage auf, ob die US-Notenbank zur Zeit für
ausreichende geldpolitische Akkommodierung sorge und in Bezug auf
geldpolitische Straffung in der nahen Zukunft Vorsicht walten lasse.
Einige
Teilnehmer hätten jedoch, so das Fed-Protokoll, auf Faktoren hingedeutet, wie
z.B. die Laufzeitprämie, dass es zweifelhaft wäre, sich vorzustellen, dass der reale
Gleichgewichtszins heute wesentlich tiefer liegen müsste.
Die Fed
sucht im Grunde genommen u.a. eine Antwort auf die Frage, warum ein Überschuss von
Ersparnissen über Investitionen trotz extrem niedrigen Zinsen so lange bestehen
bleiben kann. Ein natürliches Instrument vor diesem Hintergrund wäre expansive
Fiskalpolitik z.B. in Form von Investitionen in Infrastruktur, um das
Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Die Fed scheint jedoch aufgrund des
politischen Drucks den Spielraum der Fiskalpolitik nicht erläutern zu wollen.
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