Donnerstag, 7. Mai 2015

Deutschlands Rekordhandelsüberschuss als Bedrohung für Euro

Der britische Journalist redet Tachales: Deutschlands Rekordhandelsüberschuss ist eine grössere Bedrohung für den Euro als der Fall Griechenland.

Wenn das EU-Recht ordnungsgemäss befolgt würde, würde Deutschland mit Strafen wegen Gefährdung der Stabilität der Eurozone und der Verletzung des gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichts-Verfahrens (Macroeconomic Imbalance Procedure) zum fünften Jahr in Folge konfrontiert, bemerkt Ambrose Evans-Pritchard in einem lesenswerten Artikel in The Telegraph.

Wie aus der am 5. Mai vorgelegten Frühjahresprognose 2015 hervorgeht, beläuft sich Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss auf 7.9% des BIP.

Doch das Strafverfahren der EWU entpuppt sich als hoch politisch. Die Behörden beschäftigen sich damit, die Tagesordnung der Gläubiger durchzusetzen anstatt das makroökonomische Wohlergehen zu fördern.

Böse Zungen würden behaupten, dass grosse Länder in Europa nach ihren eigenen Regeln spielen, und Deutschland sich über alle Regeln hinwegsetzt. 

Die EU Macroeconomic Imbalance Procedure legt nämlich fest, dass die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten hat, wenn eine Verletzung drei Jahre in Folge bestehen bleibt.


Wie Deutschland zum „Leistungsbilanz-Sünder“ wurde, Graph: Ambrose Evans-Pritchard in: The Telegraph

Es gibt nur wenige mildernde Umstände in diesem Fall. Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss ist nicht durch einen einmaligen Schock verursacht worden. Der Überschuss bleibt riesig, auch wenn er um die geringeren Energie-Importpreise angepasst wird, erklärt Evans-Pritchard.

Es handelt sich dabei um einen chronischen strukturellen Missbrauch, was die Währungsunion im Laufe der Zeit praktisch unausführbar macht und damit für die Euro-Einheit gefährlicher ist als das, was sich im Fall Griechenland abspielt.



Öffentliche Investitionen (netto) in Deutschland, Graph: Ambrose Evans-Pritchard in: The Telegraph

Der IWF hatte im vergangenen Jahr davor gewarnt, dass Deutschlands Überschuss für die gesamte EWU zerstörerisch ist. Ein Überschuss in Höhe von drei bis sechs Prozentpunkte sei durch Fundamental-Daten gerechtfertigt. 

Die IWF-Analysten fügten aber hinzu, dass Deutschlands Wechselkurs gemäss trade elasticity theory um 18% unterbewertet sei, was durch das Drücken der Löhne in den früheren Jahren erreicht worden ist, durch die Unterbietung von Südeuropa sozusagen.

Deutschland bestreitet die Vorwürfe und hält an der eigennützigen Strategie der merkantilistischen Ausbeutung fest.

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