Sonntag, 24. Mai 2015

EZB und Liquidität am Anleihemarkt im Sommer

Trotz des jüngsten Anstiegs der Renditen im Euro-Raum deutet das 4-Faktor-Regressionsmodell auf einen fair value von 1,405% für German Bunds mit 10 Jahren Laufzeit hin, wie Analysten von Morgan Stanley in einer aktuellen Analyse berichten.

Die Rendite der deutschen Staatsanleihen sieht aus dieser Perspektive heute um rund 80 Basispunkte zu niedrig aus.

Die technischen Daten sind natürlich mit Vorsicht zu geniessen, zumal die Geldpolitik längst an ihre Grenzen gestossen ist und die Fiskalpolitik ein Tabu bleibt und die Wirtschaft immer noch in einer Liquiditätsfalle steckt.

Bemerkenswert ist aber, dass die Realrenditen auch nach der Anpassung in den vergangenen zwei Wochen im negativen Bereich verweilen, was nahelegt, dass die Märkte in absehbarer Zeit keine Zinserhöhung durch die EZB erwarten.


Die Realrenditen gemessen an Inflation Swaps (10y10y EUR) sind im Euro-Raum immer noch negativ, Graph: Morgan Stanley

Der Markt impliziert ein ausserordentlich langsames Tempo der geldpolitischen Normalisierung im Euro-Raum. Die Forward-EONIA-Kurve deutet auf nicht mehr als 25 Basispunkte Zinsanstieg in den nächsten zehn Jahren hin.

Inzwischen hat die EZB durch die Blume verlauten lassen, dass sie die monatlichen Käufe (60 Mrd. EUR) im Angesichts der abnehmenden Liquidität am Markt im Sommer anpassen will. Das heisst, dass die EZB im Mai und Juni u.U. etwas mehr Anleihen kaufen könnte (front-loading), um eine erwartete saisonbedingte Knappheit der Liquidität im Juli und August zu kompensieren.

Zudem hat Benoit Coeure, Mitglied des EZB-Direktoriums unterstrichen, dass das wachsende Volumen mit dem jüngsten Anstieg der Volatilität nichts zu tun hat.


Das 4-Faktor-Regression Modell und die Rendite der German Bunds, Graph: Morgan Stanley

Dass die Repo-Sätze in Deutschland trotz der steigenden Renditen am Anleihemarkt, trotz der Verfügbarkeit eines breiten Laufzeitbereichs von Anleihen und trotz des abnehmenden Angebots an Staatspapieren gefallen sind, ist irgendwie überraschend. Die Frage, die in diesem Zusammenhang aufgeworfen wird, lautet, ob die EZB den weiteren Ausverkauf am Anleihemarkt tolerieren will oder nicht.

Mario Draghi, EZB-Präsident hat versucht, die Spekulationen über ein vorzeitiges tapering (Verlangsamung des Tempos der Anleihekäufe) der europäischen QE-Politik im Allgemeinen herunterzuspielen.


Repo-Sätze in Deutschland im Schatten der Anleihekäufe der EZB, Graph: Morgan Stanley

Ein genauer Blick zeigt, dass insbesondere Repo-Sätze für längere Laufzeiten teurer geworden sind, was wiederum nahelegt, dass die Sorgen um Liquiditätsknappheit etwas nachgelassen haben.

Es ist wichtig, in Erinnerung zu rufen, dass eine Reihe von nationalen Zentralbanken in den nächsten Wochen Einzelheiten über neue Wertpapierleihe-Fazilitäten (securities lending) ankündigen werden.

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