Die
Schweizerische Nationalbank (SNB) hat am 15. Januar 2015 den Mindestkurs von 1,20 CHF pro EUR aufgehoben und
gleichzeitig den Zins für Guthaben auf den Girokonten (die einen bestimmten
Freibetrag übersteigen) um 0,5% auf minus 0,75% gesenkt.
Das Zielband
für den 3-Monats-Libor hat die SNB damit weiter in den negativen Bereich
verschoben, von bisher -0,75% bis 0,25% auf -1,25% bis -0,25%.
Ziel ist es,
1) um eine massive Überbewertung des CHF zu verhindern, 2) um das
Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung zu fördern und 3) um die Inflation zu
erhöhen.
Ein
negativer LIBOR-Satz bedeutet theoretisch, dass die kreditaufnehmende Bank
durch die kreditgebende Bank für die Geldaufnahme vergütet wird. Der LIBOR ist der täglich festgelegte Referenzzinssatz für unbesicherte
Geldmarktkredite zwischen den international tätigen Banken. Der LIBOR wird für
sehr kurze und monatliche Notierungen fixiert.
Wie
funktioniert aber ein negativer Interbankenzins? Warum lässt sich eine Bank
darauf ein?
Der IWF hat im Länderbericht „Switzerland:
2015 Article IV Consultation“ May 2015 am Dienstag u.a. die folgende
bemerkenswerte Abbildung veröffentlicht.
Negative
Schweizer Interbankenzinssätze, Graph:
IMF Switzerland 2015 Article IV Consultation
Die SNB will, wie gesagt, mehr Geld in die Wirtschaft fliessen lassen, um auf diese
Weise der Deflationsgefahr zu begegnen. Während durch die Mehr-Liquidität das
Kreditgeschäft im Interbanken-Handel erleichtert wird, werden Frankenanlagen
angesicht der nochmals tieferen Zinsen deutlich weniger attraktiv. Und die SNB gibt
sich nachträglich entschlossen, eine weitere CHF-Aufwertung zu unterbinden.
Um zu
verstehen, wie negative Interbanken-Zinssätze funktionieren können, muss man
sich vergegenwärtigen, dass wir in ungewöhnlichen Zeiten leben: Die Finanzkrise
von 2008 (Great Recession) ist ohne
Zweifel die schwerste Krise seit der Great
Depression in den 1930er Jahren. Die nominalen Zinsen liegen nahe null (zero lower bound). Die Wirtschaft steckt
in einer Liquiditätsfalle. Das Wirtschaftswachstum ist schwach. Es mangelt an
Nachfrage. Die Arbeitslosigkeit verharrt in den grössten Volkswirtschaften der
Welt auf hohem Niveau. Und die Zentralbanken unterbieten die eigene
Zielinflation seit langer Zeit.
In der Eurozone, Dänemark, Schweden und
der Schweiz werden auf überschüssige
Mittel der Geschäftsbanken, die bei der Zentralbank geparkt werden, Negativzinsen erhoben.
Es kann sich
aber u.U. lohnen, das Geld zu negativen Zinsen (zu LIBOR, EUR oder CHF) an eine
andere Bank zu leihen, als bei der Zentralbank zu einem negativen Zinssatz (negative deposit rate) zu hinterlegen,
wenn sich dadurch Kosten sparen lässt.
Das heisst,
dass es auch vorteilhaft (günstiger) sein kann, eine sichere Staatsanleihe mit
einer negativen Rendite zu kaufen, als die überschüssigen Mitteln zu einem
negativen Einlagesatz bei der EZB zu parken. Man denke an die Gesellschaften,
die passive investment vorziehen,
weil die Anleger mit sicheren und liquiden Staatspapieren besser bedient sind.
In der Tat
ist es in einigen Fällen möglich, dass eine negative Rendite sich als
profitabel erweist, wenn die bevorzugte Währung sich aufwertet: Wenn man z.B. auf
eine CHF-Aufwertung setzt, kauft man trotz der gegenwärtig unter der Null-Marke
verlaufenden Rendite eine Staatsanleihe in CHF. Die Wette kann aufgehen, wenn
der Franken im Verlauf der Zeit tatsächlich an Wert gewinnt.
Man denke an
die Investoren, die vermehrt deutsche Staatspapiere gekauft haben, weil sie
befürchtet haben, dass die Eurozone auseinanderfallen würde. Die Flucht in die
Sicherheit (d.h. Qualität) hat damit den Rückgang der Renditen an den
Anleihemärkten zusätzlich beschleunigt.
Negative
Zinsen können in einem Umfeld des schwachen Wirtschaftswachstums und der
besonders niedrigen Inflation helfen, die Effektivität der Geldpolitik zu
erhöhen.
PS:
Der EONIA
(Euro OverNight Index Average) war im August 2018 erstmals
negativ: -0,004%. Das ist der
Zinssatz, zu dem sich Banken einander über Nacht Kredite in EUR gewähren.
PPS:
Der Euribor
(EUR Interbankenzinssatz) für drei Monate rutschte im April 2015 erstmals
unter null: -0.001%.
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