Dienstag, 5. Mai 2015

Unruhen in Baltimore und Achselzucken

Die Unruhen in Baltimore, destruktiv, wie sie sind, lenken mindestens die Aufmerksamkeit auf die groteske Ungleichheit, die das Leben zu vieler Amerikaner zerstört, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne  („Race, Class and Neglect“) am Montag in NYTimes.

Doch Krugman macht sich Sorgen, dass man, wenn man die Rasse und den Rassismus in den Mittelpunkt stellt, den falschen Eindruck vermitteln kann, als ob die lähmende Armut und die Ausgrenzung aus der Gesellschaft eine eindeutige Erfahrung der Schwarzen wäre.

In der Tat geht es bei vielen aber bei weitem nicht allen von den Schrecken, die man in Baltimore und in vielen anderen Orten beobachtet werden, um die Klassen und um die verheerenden Auswirkungen extremer und wachsender Ungleichheit.

Beachten Sie z.B. die Fragen der Gesundheit und Mortalität, so Krugman weiter: Viele Leute haben darauf hingewiesen, dass es in Baltimore schwarze Nachbarschaften gibt, wo die Lebenserwartung im Vergleich mit den verarmten Ländern der Dritten Welt unvorteilhaft ist. Was aber auf nationaler Ebene wirklich auffällig ist, ist die Art der Klassen-Unterschiede in Bezug auf die Sterberaten, die auch unter den Weissen in die Höhe schnellt.

Die Lebenserwartung sinkt v.a. unter den weniger gebildeten Weissen so, dass es an die Zeit des Zusammenbruchs der Lebenserwartung im postkommunistischen Russland erinnert. Und ja, diese zusätzlichen Todesfälle sind die Folge der Ungleichheit und der mangelhaften Chancengleichheit.

Es ist entmutigend, zu sehen, wie manche Kommentatoren noch immer schreiben, als ob Armut nur eine Frage der Werthaltung wäre und als ob die Armen nur geheimnisvoll schlechte Entscheidungen treffen würden. Sonst wäre alles gut, wenn sie bürgerliche Werte annehmen würden, erklärt der am Graduierten Zentrum der City University of New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor.

Der grosse Soziologe William Julius Wilson hat vor langer Zeit unterstrichen, dass die weit verschrienen sozialen Veränderungen unter den Schwarzen, wie der Niedergang der traditionellen Familien, tatsächlich durch das Verschwinden der gut bezahltende Arbeitsplätze in Innenstädten verursacht wurden. Sein Argument enthielt eine implizite Vorhersage: wenn andere Rassen mit einem ähnlichen Verlust an Job-Gelegenheiten konfrontiert wären, würde ihr Verhalten sich auch in ähnlicher Weise ändern.

Nachgewiesenermassen folgen schwachen Löhnen (tatsächlich real sinkenden Löhnen) und der Instabilität in Sachen Arbeitsplatz starke Rückgänge in der Ehe und steigende Geburten ausserhalb der Ehe und mehr.

Der Punkt ist, dass es keine Entschuldigung für Fatalismus gibt wie wir die Übel Armut in Amerika betrachten, beschreibt der im der CUNY angegliederten Luxembourg Income Study Center forschende Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften.

Schulterzucken, wie man sonst alles Werten zuschreibt, ist ein Akt der üblen Vernachlässigung. Die Armen brauchen keine Vorlesungen über Moral; sie brauchen mehr Ressourcen, die wir uns, so Krugman, leisten können und bessere wirtschaftliche Chancen, die auch von der Schulung bis zur Subventionierung von höheren Mindestlöhnen bereitgestellt werden können. Baltimore und Amerika brauchen nicht so ungerecht so sein wie sie sind, hält Krugman als Fazit fest.

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