Sonntag, 28. Dezember 2008

Anlagejahr 2009: Ausblick - Chancen und Risiken

Es deuten sich derzeit keine Anzeichen für eine Erholung der Konjunktur. Ein Ende der Talfahrt ist nicht in Sicht. Das Anlagejahr 2009 wird auf der Schattenseite der Wirtschaft aus Rezession, Deflation und Firmenpleiten stehen.


S&P-500 Index, Graph: Fed St. Louis

1) Rezession:

Die Rezession hat in den USA offiziell im Dezember 2007 begonnen (Im Vergleich: In Europa Ende des II. Quartals 2008). Seit Jahresbeginn hat die US-Wirtschaft 2,7 Mio. Jobs verloren. Die Arbeitslosigkeit ist zuletzt von 6,5% auf 6,7% gestiegen. Der Zahlenwert zeigt, dass sich der Abschwung weiter vertieft. Die Wirtschaft befindet sich im freien Fall. Wenn die Gewinne der Unternehmen zurückgehen, können die Aktienpreise nicht steigen.

2) Deflation:

Deflation ist das Gegenstück zu Inflation und bedeutet ein allgemeiner Rückgang des Preisniveaus. Schuldner sind die Verlierer in der Deflation. Gläubiger sind die Gewinner. Deflation bedeutet, dass das Angebot die Nachfrage übertrifft. Da der Realwert der nominellen Schulden steigt, führt die Deflation zu einer Verschlechterung der Kapitalbasis. Und die Sachwerte erleiden Wertverluste. Unternehmen investieren nicht. Verbraucher halten sich mit Ausgaben zurück.

Therapie: Ausweitung der Geldversorgung. Deshalb flutet die Fed die Wirtschaft mit Liquidität (Die Politik des „quantitative easing“). Die Fed lockert die Geldpolitik nicht mehr über die Zinssenkungen, sondern nur noch „mengenmässig“ (d.h. quantitativ), indem sie beispielsweise Anleihen der grössten US-Hypothekenbanken Fannie Mae, Freddie Mac und Federal Home Loan im grossen Stil am offenen Markt ankauft.

Zur Zeit besteht aber auch die Gefahr einer schweren Debt-Deflation. Denn die zwei Voraussetzungen dafür sind erfüllt: 1) Hohe Verschuldung (bzw. Überschuldung) der Unternehmen und der Haushalte und 2) Sinkende Preise von Waren und DL. Deshalb sind reflatorische Massnahmen notwendig, um den Produktionsrückgang zu stoppen. Ansonsten drohen Vermögensverluste. Aus dieser Konstruktion ergeben sich folgende Auswirkungen auf die Zinsen: nominal fallen sie, real aber steigen sie, da Inflation im Minus-Bereich verläuft. Die Folge: Reale Schulden steigen. Der Ausweg: Entweder Konkurse und Zusammenbruch der Wirtschaft zulassen, oder eine Reflationspolitik an den Tag legen. Heute setzt die Politik auf die Reflation.

3) Insolvenz:

Die fatale Kombination aus Rezession und Deflation treibt aber Unternehmen in die Insolvenz. Die Unternehmen haben einen gewaltigen Refinanzierungsbedarf. Die Banken sind extrem restriktiv mit der Kreditvergabe. Die Ratingagenturen rechnen mit einer Verdreifachung der Ausfallraten im Bereich der spekulativen Anleihen innerhalb der kommenden 12 Monate. Die Ausfallrate dürfte von derzeit 2,8% auf 4,3% zum Jahresende steigen, erwartet Moody’s. Die Spreads zwischen den junk-rated Anleihen und US-Treasuries impliziert heute ein Ausfallrisiko von 21% für die USA. Die Quote liegt höher als während der Zeit der Grossen Depression (1929-30).

Rückschluss:

Vor fast 20 Jahren war Japan in eine schwere Finanzkrise geraten. Im Januar 1990 platzte eine riesige Spekulationsblase am japanischen Immobilienmarkt. Die japanische Erfahrung lehrt, dass die Deflation den Aktienmarkt nicht davor abgehalten hat, einmal im Jahr eine Rally von 20% zu fahren. Besonders die Aktien von weniger konjunkturabhängigen Unternehmen mit guter Bilanzqualität und hohen Free-Cashflows haben damals von Anlegerinteresse profitiert, zum Beispiel Unternehmen mit Preissetzungsmacht wie die Versorger. Die Small Caps hatten es jedoch sehr schwer, sich über Wasser zu halten. Die zinssensitiven Aktien wie die von Banken und Versicherungen kamen nicht vom Fleck. Aber auch die Baubranche, die auf Bankkredite angewiesen ist, hat während Japans Deflationsperiode unterdurchschnittlich abgeschnitten.

Fazit:

Die Aktien aus den Sektoren 1) Banken und 2) Versicherungen sind auf alle Fälle zu meiden. Der Auto-Sektor darbt bereits seit mehr als zehn Jahren. Die Zukunft der Autoindustrie ist daher mit grossem Fragezeichen versehen. Da insbesondere die amerikanische Administration und aber auch die europäischen Regierungen Milliarden in die Infrastruktur (Aufbau und Erhalt) investieren werden, um die Wirtschaft anzukurbeln, dürften sich hier für Investoren an der Börse mittel- bis langfristig Chancen ergeben.

Die Performance der Aktienmärkte hängt davon ab, wie schnell sich die Kreditmärkte auftauen lassen. Die als verlässliche Indikatoren für das Risikomass am Interbankenmarkt geltende Spreads wie TED-Spread: 1,4776% (Jahreshoch: 4,64% im Okt.), im lfr. Durchschnitt (5 J): 0,31% und LIBOR-OIS-Spread: 1,2445% (Jahreshoch: 3,640% im Okt.), im lfr. Durchschnitt (5 J): 0,11% notieren nach wie vor von der Normalisierung weit entfernt.

Die Bewertungen erscheinen günstig. Viel wichtiger sind aber: Konjunktur, Gewinn, Gewinnentwicklung, Liquidität, technische Konstruktion des Marktes.

Schlussfolgerung:

Das Ziel muss sein, das Portfolio so zusammenzustellen, dass es nicht an einem einzigen Tag seinen gesamten Wert verlieren kann. Voraussetzung dafür ist, nur Risiken einzugehen, die man versteht. Es gibt m.a.W. keinen Grund zum Überoptimieren.

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