Mittwoch, 23. Juli 2008

Wall Street: Die neue Diktion – „nicht so schlecht wie befürchtet“

Wachovia (WB, 16.79$), die viertgrösste US-Bank hat im II. Quartal einen Verlust von 8,9 Mrd. Dollar angehäuft. Die Dividende wird von 37,5 Cents auf 5 Cents radikal gekürzt, um die Kapitalbasis zu stärken. Tausende Arbeitsplätze werden abgebaut. Die Aktie legte aber trotzdem über 30% zu. Grund: Die Zahlen sind nicht schlechter ausgefallen als von Analysten erwartet. Washington Mutual (WM, 5.82$), die grösste amerikanische Sparkasse hat im II. Quartal einen Verlust von 3,33 Mrd. verbucht. Eine Rekordzahl an faulen Eigenheimkrediten hat die Bilanz von des Unternehmens massiv belastet. Die Aktien von WaMu sind dennoch um 11% gestiegen. Grund: Das Unternehmen teilte mit, dass es zur Lösung der Probleme keine Kapitalerhöhung notwendig ist. Die Liste solcher Fälle, indenen an der Börse trotz Milliardenverluste zu massiven Kursaufschlägen kam, lässt sich derzeit beliebig verlängern. Was ist an der Wall Street los? Ist die Finanzkrise nun ausgestanden? Wohl kaum.

Etwas steht aber fest: Die Redewendung „besser als erwartet“ verwendete man einst an der Wall Street, um solide Quartalszahlen eines Unternehmens zu beschreiben. Heute wird diese Phrase durch eine neue „nicht so schlecht wie befürchtet“ ersetzt, wie The New York Times berichtet. Gesinnungswandel im Bann der Kreditkrise? Die aktuelle Redensart ist sicherlich vom Wunschdenken geprägt. Die Märkte kann man nicht gesundbeten. Anleger sind gut beraten, Vorsicht walten zu lassen, bevor sie neue Engagements an den Aktienmärkten eingehen.

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