Der weltweite Abwärtstrend der Zinsen (sowohl
nominal als auch real, d.h. um die Inflation bereinigt) wird nicht selten wie
ein Buch mit sieben Siegeln wahrgenommen.
Manche Ökonomen wie z.B. Kenneth Rogoff begründen
die im historischen Vergleich niedrigen Zinsen mit dem Hinweis auf die
Finanzkrise von 2008 und die Nachwirkungen, während andere Experten von einem Phänomen namens secular stagnation
reden wie z.B. Larry Summers.
Der ehemalige Staatssekretär im US-Schatzamt
macht in seinem Blog auf eine neue Forschungsarbeit („Secular drivers of the global real interest rate“), die seine These
unterstützt, aufmerksam.
Lukasz
Rachel und Thomas Smith
unterstreichen, dass (1) die Realzinsen in den vergangenen 25 Jahren um 450
Basispunkte gefallen sind. Die kurzfristigen Erklärungen im Kontext mit der
Finanzkrise von 2008 seien daher unzulänglich und monokausal.
Ersparnisse und Investitionen als Anteil an der
Wirtschaftsleistung (BIP), Graph: Lukasz Rachel und Thomas Smith in: „Secular
drivers of the global real interest rate“
Die Autoren betonen, dass (2) das schwache
Wirtschaftswachstum nicht der hauptsächliche Faktor für den Rückgang der
Realzinsen ist. Es gäbe wahrscheinlich grosse Veränderungen in Bezug auf das
Angebot an Ersparnissen und die Nachfrage nach Investitionen.
Sie präsentieren Überlegungen, die die Rolle der
wachsenden Ungleichheit und der Zunahme der Reserven-Anhäufungen durch die
Notenbanken auf der Angebot-Seite und der preisgünstigen Investitionsgüter und
des langsamen Wachstums der Erwerbsbevölkerung auf der Investition-Seite mitberücksichtigen.
Realzinsen in fortentwickelten Volkswirtschaften,
Graph: Lukasz Rachel und Thomas Smith,
Bank of England (BoE) in: „Secular
drivers of the global real interest rate“
Rachel und Smith sagen (3) gestützt auf die Determinanten
von neutralen Realzinsen voraus, dass es wenig Grund für die Annahme eines
Anstiegs der Realzinsen in naher Zukunft gibt. Das heisst im Klartext, dass der
Spielraum eng ist, die Zinsen zu erhöhen.
Die Autoren halten fest, dass (4) ihre Erkenntnisse
für die Zentralbanken sehr problematisch seien, da die Nullzins-Grenze (zero lower bound) auch in Zukunft
zeitweise ein wichtiges Thema sein dürfte.
Summers kommt zum Schluss, dass eine Welt mit
chronisch sehr niedrigen Realzinsen eine Welt mit hoher Volatilität,
unbesonnener Risikoübernahme, einem übermässigen Fremdkapitaleinsatz (leverage) und zu häufig vorkommenden
Finanzkrisen bedeutet.
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