Mittwoch, 16. Dezember 2015

Niedrigzinsen zwischen Sparen und Investieren

Der weltweite Abwärtstrend der Zinsen (sowohl nominal als auch real, d.h. um die Inflation bereinigt) wird nicht selten wie ein Buch mit sieben Siegeln wahrgenommen.

Manche Ökonomen wie z.B. Kenneth Rogoff begründen die im historischen Vergleich niedrigen Zinsen mit dem Hinweis auf die Finanzkrise von 2008 und die Nachwirkungen, während andere Experten von einem Phänomen namens secular stagnation reden wie z.B. Larry Summers.

Der ehemalige Staatssekretär im US-Schatzamt macht in seinem Blog auf eine neue Forschungsarbeit („Secular drivers of the global real interest rate“), die seine These unterstützt, aufmerksam.

Lukasz Rachel und Thomas Smith unterstreichen, dass (1) die Realzinsen in den vergangenen 25 Jahren um 450 Basispunkte gefallen sind. Die kurzfristigen Erklärungen im Kontext mit der Finanzkrise von 2008 seien daher unzulänglich und monokausal.

 

Ersparnisse und Investitionen als Anteil an der Wirtschaftsleistung (BIP), Graph: Lukasz Rachel und Thomas Smith in: „Secular drivers of the global real interest rate


Die Autoren betonen, dass (2) das schwache Wirtschaftswachstum nicht der hauptsächliche Faktor für den Rückgang der Realzinsen ist. Es gäbe wahrscheinlich grosse Veränderungen in Bezug auf das Angebot an Ersparnissen und die Nachfrage nach Investitionen.

Sie präsentieren Überlegungen, die die Rolle der wachsenden Ungleichheit und der Zunahme der Reserven-Anhäufungen durch die Notenbanken auf der Angebot-Seite und der preisgünstigen Investitionsgüter und des langsamen Wachstums der Erwerbsbevölkerung auf der Investition-Seite mitberücksichtigen.



Realzinsen in fortentwickelten Volkswirtschaften, Graph: Lukasz Rachel und Thomas Smith, Bank of England (BoE) in: „Secular drivers of the global real interest rate

Rachel und Smith sagen (3) gestützt auf die Determinanten von neutralen Realzinsen voraus, dass es wenig Grund für die Annahme eines Anstiegs der Realzinsen in naher Zukunft gibt. Das heisst im Klartext, dass der Spielraum eng ist, die Zinsen zu erhöhen.

Die Autoren halten fest, dass (4) ihre Erkenntnisse für die Zentralbanken sehr problematisch seien, da die Nullzins-Grenze (zero lower bound) auch in Zukunft zeitweise ein wichtiges Thema sein dürfte.


Summers kommt zum Schluss, dass eine Welt mit chronisch sehr niedrigen Realzinsen eine Welt mit hoher Volatilität, unbesonnener Risikoübernahme, einem übermässigen Fremdkapitaleinsatz (leverage) und zu häufig vorkommenden Finanzkrisen bedeutet.

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