Es war Heiner
Flassbeck, der vor rund 10 Jahren auf die Wettbewerbslücke in Europa
aufmerksam machte (in verschiedenen Büchern, Aufsätzen und Referaten) und die
Differenzen bei den Lohnstückkosten und Defiziten in den Leistungsbilanzen hervorhob.
Die Lohnstückkosten (unit labor costs) sind der entscheidende Faktor für die
Wettbewerbsfähigkeit in einer Währungsunion, wo es wegen der
Gemeinschaftswährung keine Wechselkurse gibt.
Eine Währungsunion bedeutet, um es ganz einfach darzulegen,
dass die Mitgliedstaaten die Gestaltung der Geldpolitik an die Notenbank übertragen
und sich im Gegensatz auf die Verfolgung eines gemeinsam festgelegten
Inflationsziels einigen.
In der EMU ist es die EZB, die die Geldpolitik
für alle Mitgliedstaaten übernimmt. Und die Mitgliedstaaten müssen sich am Inflation-Zielwert
von ca. 2% halten.
Flassbeck hat gezeigt, dass Deutschland das
Inflationsziel von Anfang an unterboten und sich mit Lohnmoderation einen
absoluten Vorteil gegenüber dem Rest der Eurozone verschaffen hat, weil die
deutschen Produkte in dem Ausmass günstiger als im Rest der EMU werden und die
anderen Mitgliedstaaten dauerhaft nicht mehr mithalten können.
Interessant ist in diesem Zusammenhang zu
erfahren, dass Simon Wren-Lewis
schreibt, dass die Kommentare, die die Leserschaft in seinem Blog hinterlassen,
nahelegen, dass viele Menschen nicht verstehen, wie eine Währungsunion
funktioniert.
Lohnstückkosten Deutschland und Rest der Eurozone,
Graph: Peter Bofinger in voxeu: „German
wage moderation and the EZ crisis“, Nov 30, 2015.
Der an der Oxford
University lehrende Wirtschaftsprofessor bemüht sich um eine Erklärung, worum
es geht.
Ein Land mit einem flexiblen Wechselkurs kann
seine internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht einfach durch Senkung der Löhne
und Preise erhöhen. Der Grund ist, dass die Wechselkurse sich so bewegen, dass
die neu geschaffene Situation ausgeglichen wird. Wenn z.B. die Löhne und Preise
um 3% fallen, wertet sich der EUR um 3% auf.
Was passiert, wenn nur ein Land in der Eurozone,
wie z.B. Deutschland Löhne und
Preise um 3% kürzt? Deutschland erlangt dadurch einen Wettbewerbsvorteil
gegenüber allen seinen Nachbarn in der Eurozone um 3%, und darüber hinaus einen
Vorteil um 2% gegenüber dem Rest der Welt, so Wren-Lewis weiter.
Deutschlands Nachbarn verlieren an
Wettbewerbsfähigkeit sowohl innerhalb der Eurozone als auch (in einem
geringeren Masse) gegen den Rest der Welt.
Die Eurozone gewinnt als Ganzes nichts: Weil die
Gewinne Deutschlands die Verluste seiner Nachbarn sind. Wir haben hier im
Klartext mit einem Nullsummen-Spiel zu tun.
Es ist erfreulich, zu sehen, dass nun auch Peter Bofinger endlich Lohnzurückhaltung
Deutschland als Ursache der Eurokrise thematisiert. In einem lesenswerten
Artikel in voxeu („German wage moderation and the EZ crisis“).
Das Mitglied des Sachverständigenrates (zur
Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland) betont,
dass die Eurokrise ohne Mitberücksichtigung der deutschen Lohnzurückhaltung
nicht vollständig erklärt werden kann.
Lohnzurückhaltung hat Stagnation der deutschen
Inlandsnachfrage verursacht, die negativ auf deutsche Nachfrage nach Waren und
Dienstleistungen aus dem Rest der Eurozone ausgewirkt hat, so Bofinger.
Die Lohnzurückhaltung hat demnach Deutschlands
preisliche Wettbewerbsfähigkeit schrittweise gesteigert und zu einer
Verschlechterung der bilateralen Leistungsbilanzsalden mit dem Rest der
Eurozone geführt. Die Lohnzurückhaltung hat zudem zu höheren Gewinnen im
deutschen Unternehmenssektor beigetragen, was wiederum zu einem Anstieg der
Sparquote in diesem Sektor geführt hat.
Was bedauerlich ist, dass weder Wren-Lewis noch
Bofinger Flassbecks redliche Arbeit im Vorfeld würdigen; nicht einmal ein Zitat.
PS:
Heiner Flassbeck bietet konsequenterweise Lohnerhöhungen in Deutschland als Lösung des Problems, über 15 Jahre um 5%, während in den Mitgliedstaaten in Südeuropa die Löhne bei unveränderter Produktivität im gleichen Zeitraum um nur 2% steigen müssten. Und Deutschland würde darunter nicht leiden.
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