Ein auffälliges Phänomen, das die Finanzkrise von
Anfang an begleitet, ist der Versuch, im
politischen Diskurs das Thema zu wechseln, d.h. das Augenmerk weg von
Arbeitslosigkeit und Nachfrageschwäche hin zu den vermeintlich grundlegenden Fragen
der Wirtschaft, wie z.B. auf Strukturreformen zu richten.
Das ist laut Paul Krugman nicht nur falsch,
sondern zu einem gewissen Grad auch feige, nach allem, wenn das gegenwärtige
Problem eine unzureichende Nachfrage ist.
Unabhängig davon, was man denkt, wie wichtig die lange
Sicht sei, sollten wir bereits heute Massnahmen treffen, um das Problem zu anzupacken;
wir sollten die griffbereite Krise jetzt behandeln.
Es ist seiner Ansicht nach offensichtlich, warum einige
Leute das Thema wechseln wollen. Weil sie nicht bereit sind, in Sachen Austerity versus Stimulus Stellung zu beziehen, weil Farbe zu bekennen, den
Gegenpart dazu verleitet, Sie anzufahren.
Da es sich aber um eine wichtige Debatte handelt,
ist es eine Vernachlässigung der Verantwortung, wenn man nicht Partei ergreift,
argumentiert der am Graduierten Zentrum der City
University New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor in seinem Blog.
Öfters wird behauptet, dass Konjunkturprogramme
(fiscal stimulus) i.d.R. viel weniger Auswirkungen entfalten als allgemeinen erwartet.
Stimmt es? Nein. In den USA war das
Konjunkturprogramm nicht gross; es hat nur etwas mehr als 2% des BIP-Potenzials
ausgemacht, was dann auch rasch zu Ende ging. Daraus zu schliessen, dass die
Bemühungen unzureichend sind wie vorausgesagt, ist einfach töricht.
Ganz im Gegenteil: Es gibt überwältigende
Beweise, dass die expansive Fiskalpolitik funktioniert hat. Der Multiplikator
lag deutlich über eins, wie Krugman weiter darlegt. Es gibt keinen Hinweis
darauf, dass die Fiskalpolitik an Zugkraft verloren hat.
Die Geldpolitik hatte in der Tat Mühe, wirksam zu
agieren. Aber das ist ja genau das, was diejenigen, die die Theorie der
Liquiditätsfalle kennen, erwartet hatten. Die Analyse legt nahe, dass die
Abhilfe geschaffen werden kann, und zwar durch erhöhte Inflationserwartungen.
Wo kommt also die Vorstellung her, dass für die
Lösung des Problems Strukturreformen notwendig sind?
Fazit: Gegen Strukturreformen ist
im Allgemeinen nichts einzuwenden. Wenn man aber ein anhaltendes Problem der
Nachfrageschwäche hat, sollte man laut Krugman alles daransetzen, um die
Nachfrage anzukurbeln.
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