Freitag, 11. Dezember 2015

Wirkungsweise des Schweizer Negativzinses

Die SNB hat am Donnerstag im Rahmen ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung noch einmal mit Nachdruck unterstrichen, dass der Franken nach wie vor deutlich überbewertet ist.

Auf die Frage, ob der Negativzins in der Schweiz funktioniert, hat Thomas Jordan in einem Interview mit dem CNBC „bestens“ geantwortet.

SNB-Präsident hat dabei (1) auf die Zinsdifferenz gegenüber dem EUR und (2) den Wechselkurs hingewiesen:

Der Negativzins macht den Franken weniger attraktiv und trägt weiterhin zu einer Abschwächung des Frankens bei. Gleichzeitig bleibt die SNB am Devisenmarkt aktiv, um bei Bedarf Einfluss auf die Wechselkursentwicklung zu nehmen.

Jordan hat zugleich auch die Aufhebung des Mindestkurses von 1,20 CHF per EUR im Januar 2015 in Schutz genommen, weil auch nach der jüngsten Zinssenkung der EZB die Zinsdifferenz gegenüber dem EUR deutlich grösser ist als zu Beginn des Jahres.

Interessant ist, dass die SNB auf die Umverteilung der Sichtguthaben unter Banken aufmerksam macht, um die Wirkungsweise des Negativzinses zu erklären.



Sight Deposits at the SNB, Graph: SNB in Introductory Remarks, Dec 10, 2015


Die SNB erhebt seit Januar 2015 einen Negativzins von minus 0,75% auf Sichtguthaben der Banken und anderer Finanzmarktteilnehmer bei der Zentralbank.

Bei der Berechnung des Negativzinses gewährt die SNB den Banken Freibeträge, damit „das Bankensystem nicht die volle Belastung aus dem hohen Bestand an Sichtguthaben tragen muss“.

Für Inhaber von Sichtguthaben, die nicht der Mindestreservepflicht unterliegen, wie z.B. ausländische Banken, wurde der Freibetrag bei mind. 10 Mio. CHF festgelegt. Und es gilt das Gebot der Gleichbehandlung.

Banken, die im Verhältnis zu ihren Mindestreserven überdurchschnittlich hohe Sichtguthaben halten, werden davon stärker belastet als andere. Die genauen Auswirkungen für die einzelnen Banken können also unterschiedlich sein, was auch zum Teil von der Bilanzsituation abhängt.


Turnover on the CHF repo market, Graph: SNB in Introductory Remarks, Dec 10, 2015

Der Negativzins entfaltet seine volle Wirkung auf dem Geld- und Kapitalmarkt auch bei hohen Freibeträgen. Derzeit unterliegen mit ca. 170 Mrd. CHF rund 40% der Sichteinlagen bei der SNB dem Negativzins, wie die SNB mitteilt.

Die Geldmarktzinsen orientieren sich unmittelbar am Negativzins von 0,75%, da die Zinssätze sich aufgrund des marginalen Satzes bilden.

Banken, die Sichtguthaben über dem Freibetrag haben, transferieren Geld von ihrem SNB-Konto zu den Banken, die ihren Freibetrag nicht ausgeschöpft haben und für die Entgegennahme dieser Gelder etwas weniger Negativzins verlangen als minus 0,75%.

Und die Umverteilung der Sichtguthaben lässt sich am CHF-Repomarkt beobachten: Der Umsatz ist seit Einführung des Negativzinses deutlich gestiegen. Der grösste Teil des Umsatzes entfällt Angaben der SNB nach auf Geschäfte mit sehr kurzen Laufzeiten.

Der entscheidende Aspekt dabei ist, dass die SNB dem System zwar weiter Liquidität zuführt (*), aber mit der (praktisch vollumfänglichen Ausschöpfung der Freibeträge) jeder zusätzlich geschaffene CHF dem Negativzins unterliegt.


(*) Die Sichtguthaben der Banken bei der SNB sind seit dem Inkrafttreten des Negativzinses im Januar von ca. 440 Mrd. CHF auf aktuell rund 470 Mrd. CHF gestiegen.


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