Samstag, 26. Dezember 2015

Defizit-Fetischismus und Schwarze-Null

Im Jahr 2015 ist viel passiert. Wenn wir uns hier auf makroökonomische Begebenheiten beschränken, lässt sich sagen, dass im zu Ende gehenden Jahr am meisten über die Niedrig-Zinsen debattiert wurde.

Manche Experten wie Bill Gross haben sich, mit der Aussage, dass die niedrige Zinspolitik eine Form der „financial repression“ darstelle und daher die Erholung der Wirtschaft verhindere, viele Sympathien verscherzt.

In einer „Streber“-Unterhaltung mit Nick Rowe hält David Andolfatto in seinem Blog fest, dass die Zinsen heute nicht künstlich niedrig gehalten werden, sondern ein Ergebnis der deprimierten Aussichten der Wirtschaft sind.

Das dümmste Erbe des Defizit-Fetischismus im Jahr 2015 ist in diesem Zusammenhang sicherlich die „Schwarze Null-Politik (d.h. ein vollständig ausgeglichenes Budget) in einer depressiv-deflationären Wirtschaft Europas.

Die „Schwarze Null“-Politik ist in der Tat ein Bullshit im technischen Sinne, weil es anders als beim Lügen um die Erzählung von falschen Geschichten geht, ohne Rücksicht auf die Wahrheit.



Die US-Notenbank unterbietet das eigene Inflationsziel den 43. Monat in Folge, Graph: WSJ


Es ist der Defizit-Fetischismus der Anhänger der Austeritätspolitik in Europa, der die wirtschaftliche Erholung und die Förderung der Beschäftigung verhindert, wie Joseph Stiglitz vor einigen Jahren hervorgehoben hat.

Berlin mag Schwarze Null im politischen Sinne für den „Heiligen Gral“ halten. Aber Haushaltsdefizite in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft sind nützlich, nicht schädlich, wie die wirtschaftliche Entwicklung in den USA zeigt.

Der Defizit-Fetischismus ist verbohrt und zerstörerisch zugleich. Es gibt keine Hinweise in Europa, dass die Staatsverschuldung im Vorfeld der Krise ein Problem für grosse Volkswirtschaften war. Ganz im Gegenteil führt die wirtschaftliche Performance in der Eurozone in den vergangenen sechs Jahren vor Augen, dass Ausgabenkürzungen in einer angeschlagenen Wirtschaft zu einer Vertiefung der Depression führen.

Die neoliberal geprägte Wirtschaftspolitik in Europa drückt das Wirtschaftswachstum nicht nur kurzfristig, sondern verursacht bleibende Schäden im Allgemeinen auf die lange Sicht, was als Hysterese bezeichnet wird.









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