Die EZB geht davon aus, dass das Pro-Kopf-BIP im
Euro-Raum am Ende des Jahres um 1,6% unter dem Wert liegt, wo es vor sieben
Jahren war, am Ende des Jahres 2008.
Das sagte Vitor
Constancio, Vize-Präsident der EZB vor rund vier Wochen im Rahmen eines
Referats in Frankfurt.
Das heisst, dass die europäische Wirtschaft immer
noch nicht das Vorkrisenniveau erreicht hat. Dafür ist die
übermässig restriktive Fiskalpolitik und die unzureichend lockere Geldpolitik
verantwortlich.
Der Aufstieg der hegemonialen Austeritätspolitik,
begleitet von einer merkantilistischen Lohndumping-Politik in Deutschland hat die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage in Europe praktisch zum Erliegen gebracht.
Im Ergebnis leiden über 22 Millionen Menschen
unter Arbeitslosigkeit und stagnierenden Löhnen.
Selbst Constancio räumt ein, dass die Kombination
aus niedriger Inflation und dem schwachen Wachstum im Wesentlichen auf einen
Mangel an Nachfrage hindeuten, warum die Erholung der Wirtschaft sich
verzögert.
Erholungszyklus der Wirtschaft im Euroraum im
historischen Vergleich, Graph: Peter Praet, ECB in: „Monetary policy under
uncertainty“
Was heisst aber Austeritätspolitik (fiscal
austerity) genau?
Im Allgemeinen wird darunter der Versuch, das
Haushaltsdefizit zu verringern, durch Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen,
verstanden.
Das Problem damit ist, dass die Beschreibung mit
Haushaltskonsolidierung identisch ist, bemerkt Simon Wren-Lewis in seinem Blog. Man könnte sagen, dass die
Austerität (fiscal austerity) eine Menge Haushaltskonsolidierung bedeutet. Aber
das wäre eine schwache Definition.
Die geläufige Nutzung der Definition scheint
davon auszugehen, wie wenn Austerität einige Schäden anrichten würde, nicht nur für
die Menschen, die von Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen betroffen werden,
sondern die Wirtschaft als Ganzes.
Google bietet die folgende Definition von
Austerität: „schwierige wirtschaftliche Bedingungen, die durch die Massnahmen
der Regierung, um die Staatsausgaben zu senken, entstehen“.
Das unterscheidet sich aber von der
Haushaltskonsolidierung. Denn eine Konsolidierung an sich muss nicht zu „schwierigen
wirtschaftlichen Bedingungen“ führen, wie Wren-Lewis hervorhebt. Wenn die
Haushaltskonsolidierung (fiscal
consolidation) durch die expansive Geldpolitik ausgeglichen werden kann,
gibt es für die Wirtschaft als Ganzes keinen Anlass, in irgendwelche
Schwierigkeiten zu geraten.
Deswegen schlägt der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor die folgende
Definition für die fiskalpolitische Austerität vor:
„Haushaltskonsolidierung,
die zu einem deutlichen Anstieg der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit führt oder
vielleicht sogar mehr formal, zu einer negativen Produktionslücke (negative output gap)“.
Unter dieser Definition macht der Ausdruck „expansionary austerity“ natürlich keinen Sinn.
Fazit: Für die Weltwirtschaft oder eine Wirtschaft mit
eigener Zentralbank und einem schwankenden Wechselkurs ist Austeritätspolitik
daher im Allgemeinen völlig unnötig, weil die Haushaltskonsolidierung bis zu
einem Zeitpunkt, wenn die Geldpolitik in der Lage ist, sie auszugleichen,
hinausgeschoben werden kann, erklärt Wren-Lewis weiter.
Das bedeutet, dass die Austeritätspolitik in den
USA, Grossbritannien und im Euroraum als Ganzes hätte völlig vermieden werden
können.
1 Kommentar:
Was ich mich immer wieder frage: "Wann ist denn der richtige Zeitpunkt, ab dem die Haushaltskonsilidierung beginnen soll?" Dazu wurde bis jezt nichts veröffentlicht.
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