Einer der offensichtlichen Befunde in den
Nachwirkungen der globalen Finanzkrise von 2008 ist, dass die tatsächlichen
Fiskalmultiplikatoren grösser sind als sonst, wenn die herkömmliche (aber auch
die unkonventionelle) Geldpolitik die Ausgabenkürzungen nicht ausgleichen kann.
Das ist auch das, was das makroökonomische
Lehrbuch sagt. Denn die Ausgaben des einen sind die Einnahmen des anderen. Wenn
Löhne gesenkt werden (internal
devaluation), steigt die Arbeitslosigkeit, weil die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage fällt.
Europas bittere Erfahrung in den vergangenen
sieben Jahren liefert einen dienlichen Anlass, über die Fiskalpolitik
nachzudenken, wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt und die
nominalen Zinsen nahe null liegen.
Die Austeritätspolitik hat in der Eurozone seit
2009 zu einer drastischen Verschärfung der Fiskalpolitik geführt, weil die
Mitgliedstaaten keinen Handlungsspielraum hatten (wegen EUR), sich mit
Abwertung aus der Depression zu helfen.
Die EZB hat am Donnerstag angekündigt, das
Anleihekaufprogramm um sechs Monate zu verlängern. Zugleich hat sie auch den
Einlagezinssatz um 0,10% auf minus 0,30% gesenkt, um die Inflation in Richtung
Zielwert (von knapp 2%) zu bewegen.
Euroraum im Lichte des Okun'schen Gesetzes, Graph: Paul Krugman in: NYTimes
Paul Krugman rechnet vor diesem Hintergrund anhand
einer Phillips-Kurve aus, wieweit die Arbeitslosigkeit fallen müsste, damit die
Inflation auf 2% steigt. Seine einfache Analyse ergibt einen Wert von 4%. Das
heisst, dass die Arbeitslosigkeit um 4% fallen müsste, damit die Inflation auf
2% klettert. Das ist viel!
Ferner: Wieviel Wirtschaftswachstum braucht es aber?
Gestützt auf das Okunsche Gesetz kommt Krugman zum Schluss, dass das BIP im Euro-Raum real
um 8% steigen müsste, um einen Rückgang der Arbeitslosigkeit um 4%
herbeizuführen.
Das bedeutet aber, wie wenn die Produktionslücke
(output gap) in der Eurozone derzeit 8% betragen würde. Das ist eine enorme Grössenordnung.
Was nun? Soll man die Theorie ernst nehmen? Wenn nicht,
warum nicht?
Es lässt sich auf jeden Fall festhalten, dass die
einfache Übung nahelegt, wie schwer die Krise ist, die auf Europa lastet. Dafür
ist, ohne um den heissen Brei herum zu reden, die monetaristisch orientierte marktfundamentalistische
Wirtschaftspolitik Europas verantwortlich.
Brüssel und Berlin scheinen immer noch davon
auszugehen, dass ein Anstieg der Geldmenge inflationär wirkt. Die EZB hingegen
ist mit der Verlängerung der QE-Politik (PSPP) über ihren eigenen Schatten
gesprungen und hat damit im Grunde genommen den Stabilitäts- und Wachstumspakt ad
absurdum geführt.
PS:
Phillips-Kurve beschreibt den Zusammenhang
zwischen Arbeitslosigkeit und Veränderung der Inflationsrate.
Okun'sches Gesetz zeigt die Korrelation zwischen
Wirtschaftswachstum (BIP) und Arbeitslosigkeit in einer Volkswirtschaft.
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