Während das Wirtschaftswachstum ins Stocken gerät und die
Inflationserwartungen sich zurückbilden, fallen auch die Renditen der
Staatsanleihen weltweit. Ein Gradmesser für Staatsanleihen in der ganzen Welt
ist laut Bloomberg inzwischen auf ein 18-Monats-Tief
gesunken.
Auch der Ausblick für 2015 bleibt getrübt. Das
vorherrschende makroökonomische Thema im kommenden Jahr dürfte demnach der
Kampf der Zentralbanken gegen niedrige Inflationsraten sein, verkündet Joachim
Fels von Morgan Stanley in einer am
Sonntag veröffentlichten Studie.
Dass die Inflationsrate in vielen Volkswirtschaften unter
dem Ziel der Preisstabilität der Zentralbanken verläuft, verheisst in der Tat nichts
Gutes. Die Fed hat beispielsweise ein festes Inflationsziel (keine Schwelle)
von 2 Prozent genau wie die EZB und
die SNB. Es ist unumstritten: Wenn von der Zielinflation dauerhaft nach unten
abgewichen wird, entsteht Deflationsgefahr.
Warum streben aber moderne Notenbanken (seit den 1990er
Jahren) ein Inflationsziel von 2% pro Jahr an? Warum nicht etwas mehr (z.B. 3%)
oder weniger (z.B. 1%)?
Die Frage ist heute insofern von Bedeutung, als eine
Vielzahl von renommierten Ökonomen vorschlagen, dass z.B. die EZB vorübergehend eine Inflationsrate
von rund 4% anvisieren soll, um die Wirtschaft aus der Depression zu holen.
Das heisst andererseits, dass das feste Inflationsziel von
2% infolge der Finanzkrise von 2008 auf dem Prüfstand steht.
Nullzinsgrenze (zero
lower bound) für viele Zentralbanken, Graph:
Morgan Stanley
Wie Paul Krugman
in einer lesenswerten Analyse („Inflation Target Reconsidered“,
May 2014) erklärt, handelt es sich bei Inflation Targeting von 2% um einen
Kompromiss im ökonomischen und politischen Sinne.
Die Ziel-Inflationsrate von 2% wurde gewählt, weil sie hoch
genug war, um diejenigen, die sich um die Nullzins-Grenze (zero lower bound) Sorgen machen, zu beruhigen und niedrig genug, um
diejenigen, die um die Preisstabilität bangen, zufriedenzustellen.
Die Letzteren sind sogar auf Null-Inflation versessen, da
die Geldwertstabilität ihrer Ansicht nach sonst nicht gewährleistet ist. Ein
Dollar muss also für immer ein Dollar bleiben.
Inflation unter dem Zielwert der Preisstabilität einer
Vielzahl von Zentralbanken, Graph:
Morgan Stanley
Auf der anderen Seite deuten die Realisten auf die Schwierigkeiten in Form von
Starrheit hin, die mit zweifacher Null
zu tun hat: (1) Die Zinssätze können nicht unter null fallen und (2) Kein Arbeitnehmer
erfreut sich über nominale Lohnkürzungen.
Diese Überlegungen legen nahe, dass ein positives
Inflationsziel angestrebt werden soll, um Spielraum zur Senkung von Realzinsen
unter Null zu schaffen. Und damit auch relative Löhne sich ohne eigentliche
Kürzungen anpassen können.
Die Ziel-Inflationsrate von 2% soll also dazu beitragen,
dass (a) eine anhaltend lange Zeitperiode auf der Nullzinsgrenze (zero lower bound) unwahrscheinlich wird
und dass (b) der Arbeitsmarkt so angekurbelt, dass die Lohnrigidität (downward wage stickeness) möglichst
wenig Schaden anrichtet.
So haben sich die Experten auf 2% Zielinflationsrate als
Blickpunkt in modernen Volkswirtschaften geeinigt. Das derzeitige Problem, mit
dem die Zentralbanken sich zanken, ist, dass die Nullzinsgrenze mittlerweile
seit mehr als sechs Jahren anhält und und die nach unten starren Löhne eine
grössere Schwierigkeit darstellen als man sich bisher ausgedacht hat wie die
Entwicklung (internal devaluation) in
der Eurozone offen darlegt.
Eine schwere Finanzkrise und Balance-Sheet Recession (Bilanz-Rezession) können also Situationen auslösen, wo die zweifache Null die
Erholung der Wirtschaft unheimlich erschwert.
Die Idee, dass die schwarze Null stehen muss, ist abwegig. Zumal Austerität in einer schwer
angeschlagenen Wirtschaft ein Trugschluss der Komposition ist. Es kommt vielmehr
auf die zweifache Null an.
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