Das Eigenkapital ist nicht teuer.
Die Feststellung in der Debatte über Basel III, dass die Banken viel mehr
Eigenkapital brauchen, war richtig. Die Warnung, dass höhere
Eigenkapitalanforderungen die Kreditvergabe der Banken hemmen würden, hat sich dagegen
als fehlerhaft erwiesen.
Wie Cecchetti und Schoenholtz in einer Analyse nachweisen, zeigt sich vier Jahre
nach dem Abschluss des Basel III-Regelwerkes, dass (1) die Kreditzinssätze der
Banken fast unverändert geblieben, (2) die Zinsmargen der Banken gesunken sind
und (3) das Kreditvolumen zugenommen hat.
Es hat sich bestätigt, dass Einschränkungen
der Kreditvergabe wenig mit Eigenkapitalanforderungen zu tun hat. Die
Befürchtung der Pessimisten, dass höhere Eigenkapitalanforderungen das
Wirtschaftswachstum belasten würden, war auch von Anfang an verfehlt.
Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht teilt mit, dass seit Ende 2009 die Kernkapitalquote der grossen Banken um 4,5%
im Verhältnis zu risikogewichteten Aktiva gestiegen ist. Bei kleineren Banken
beträgt dieselbe Quote 2,7%.
Wie haben die Banken aber die
Kapitalquote (capital ratio) erhöht?
Die Pessimisten waren besorgt,
dass das via „de-leverage“ und „de-risk“ geschehen würde, d.h. durch die
Verringerung des Nenners: M.a.W. würde die Kapitalbeschaffung durch Verkürzung
der Bilanzsumme und eine Verlagerung der riskanten Vermögenswerten vonstatten
gehen.
Kernkapitalquote der Banken, Graph: Cecchetti and Schoenholtz in: Money & Banking
Wie Cecchetti und Schoenholtz
unterstreichen, ist die Bilanzsumme der Banken (ausserhalb Europas) expandiert,
während das Kapitalniveau (Zähler) angeschwollen ist. Ein Drittel dieses
Anstiegs ist auf die Ausgabe von neuen Aktien und zwei Drittel auf
einbehaltende Gewinne zurückzuführen. Und die Banken haben dabei eine kleinere
der Gesamkapitalrentabilität in Kauf genommen, durch Kürzung der Zinsmargen und
Senkung der operativen Kosten.
Die jüngsten
Stresstest-Ergebnisse deuten darauf hin, dass Europa eine Ausnahme ist: Die Kreditzinssätze (lending spreads) sind gestiegen, während das Kreditvolumen (loan volumes) zurückgegangen ist.
Das hat aber mit der Art und
Weise zu tun, wie die Stresstests in
Europa durchgeführt wurden. Die europäischen Aufsichtsbehörden erlaubten
Banken, Vermögenswerte abzustossen, um nötige Kernkapitalquote zu erfüllen, anstatt
zu fordern, mehr Kapital zu beschaffen, um Fehlbeträge auszugleichen.
Im Grunde genommen haben Banken in
Europa als Ganzes nicht Kapital erhöht. Stattdessen haben europäische Banken
Vermögenswerte abgebaut und risikogewichtete Aktiva abgestosssen. Wie die
Ergebnisse der EZB-Stresstests zeigen, bleiben sogar einige Banken in Europa
weiterhin unter Druck, Kapital zu erhöhen, um die Basel III-Vorschriften zu
erfüllen.
Cecchetti und Schoenholtz halten
als Fazit fest, dass erstens die Prognosen, dass höhere
Eigenkapitalanforderungen die Zinsmargen (interest
margins) höher treiben und das Kreditvolumen verringern würden, sich als
verfehlt erweisen. Bisher scheint es daher keine allfälligen unvorteilhafte makroökonomischen
Auswirkungen zu geben, oder sie sind einfach belanglos.
Zweitens mehren sich Anzeichen,
dass der antizyklische Kapitalpuffer eine
schlechte Idee ist. Dem Ansatz nach sollen die Aufsichtsbehörden, falls die
Wirtschaft mit einem Kredit-Boom konfrontiert wird, vorübergehend Eigenkapitalanforderungen
erhöhen, um die Widerstandsfähigkeit des Systems zu stärken. Das Finanzsystem
kann hingegen durch höhere Eigenkapitalanforderungen auf permanenter, statt
auf zyklischer Basis robuster gemacht werden.
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