Freitag, 12. Dezember 2014

Haushaltskonsolidierung und Strukturreform münden in Deflation

In Europa ist sechs Jahre nachdem Ausbruch der Krise nirgendwo ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Die Arbeitslosigkeit verharrt auf hohem Niveau und die Menschen leiden weiter. Leiden ist notwendig, um die konjunkturelle Wende zu vollziehen, deutet Brüssels Vorstellung seit geraumer Zeit an, die von der Besessenheit von Haushaltsdefiziten geprägt ist.

Doch Ökonomen mit Weitsicht, die als keynesian verschrien werden, haben von Anfang an gesagt, dass es wirklich eine schlechte Idee ist, in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft (angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der historisch niedrigen Finanzierungskosten) Ausgaben zu senken.

Die Anhänger der klassischen ökonomischen Theorie beharren aber darauf, dass wir die Ausgaben kürzen müssen, weil wir sonst wie Griechenland enden.

Frankreich beispielsweise wurde von Brüssel und Berlin (aber auch in den meisten Medien) regelrecht zurechtgewiesen, harsche Sparmassnahmen zu treffen, weil das Land sonst die Kreditwürdigkeit verlieren würde.

Die Rendite der französischen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit beläuft sich heute auf 0,93%. Das ist ein Novum. Noch nie in der Geschichte lag die Rendite der französischen Staatsanleihen unter 1%-Marke. Das heisst, dass Frankreich im Grunde genommen kein fiskalisches Problem hat wie die Befürworter der Austeritätspolitik um Brüssel und Berlin gern behaupten.

Wie die gestern veröffentlichten Daten zeigen, hat die Kerninflation in Frankreich zum ersten Mal seit der Daten-Erhebung im Jahr 1990 einen negativen Wert aufgewiesen: -0,2%. Im Vormonat hatte die Kernteuerung Null betragen.



Frankreichs Kerninflation ist zum ersten Mal unter die Null-Marke gefallen, Graph: ZKB

Im November sind die Verbraucherpreise (CPI) in Frankreich um 0,2% zurückgegangen. Die Jahresteuerung beträgt damit 0,3%. Der disinflationäre Trend dürfte sich also angesichts der anhaltenden Wachstumsschwäche und der hohen Arbeitslosigkeit fortsetzen.

Das zeigt, dass Strukturreform und Haushaltskonsolidierung auf kurze Sicht deflationär wirken. Das Moral Hazard-Argument der Gegner der QE-Politik durch die EZB läuft eigentlich ins Leere: Wenn die EZB Staatsanleihen kauft, würden die Regierungen in den betreffenden Ländern den Marktdruck (?) ignorieren und die notwendigen Reformen zur Wiederbelebung der Wirtschaft nicht ergreifen.

Das stimmt eben nicht, wie der Verlauf der Rendite der Staatsanleihen in z.B. Frankreich, Italien und Spanien zeigt: Die Finanzierungskosten der öffentlichen Hand sind auf historisch tiefem Niveau.

Daraus folgt, dass das Beste, was die EZB tun kann, ist, um Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen zu fördern, vorerst das Gespenst der Deflation zu vertreiben, wie Barry Eichengreen in einem lesenswerten Artikel („Putting Deflation First“) in Project Syndicate hervorhebt. 

Nur eine zackige QE-Politik kann das tun, so der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor. Diejenigen, die einwenden, dass eine solche Kühnheit wie Quantitative Easing von Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen abhalten würde, sollten sich überlegen, was Deflation sonst anrichten könnte.

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